Der Seat Ibiza ist mir bestens vertraut, mein bester Kollege fährt nämlich einen. Nach dem Test vom doppelt gelifteten Ibiza FR ist mir jedoch klar geworden, dass der frühere Ibiza knackiger daherkam. Der Neue macht dafür mehr auf Lifestyle. Nun gut, jetzt ist der Cupra an der Reihe und die Frage ist dringender denn je: Kann der Ibiza Cupra die hohen Erwartungen an ein astreines Handling erfüllen? Oder sind auch ihm Farbspielereien wichtiger? Ausserdem: Der Leon Cupra hat mich mehrmals vom Fahrverhalten überzeugt. Trotzdem ist der Funke nicht übergesprungen. Wie wird das beim Ibiza Cupra sein?
Der Ibiza hat in seiner Grundform schon ein schnittiges Design. Trotzdem finde ich es schön, dass sich der Cupra beim Ibiza noch etwas stärker unterscheidet als beim Leon. Vor allem das Heck sieht beim Ibiza Cupra ganz schön knackig aus, auch wenn das Innere der massiven Auspuffblende alles andere als beeindruckend ist…
Den Ibiza Cupra gibt es ausschliesslich als Dreitürer, was zusätzlich zu einer knackigeren Seitenansicht führt. Ausserdem sind optional – wie beim Testwagen – die weissen Streifen, sowie schwarze Felgen und rote Bremssättel verfügbar. In Kombination mit der buchstäblich coolen Farbe «Dynamic Grey» sieht das echt toll aus. Ich würde mir den Ibiza Cupra haargenau so zusammenstellen.
Im Innenraum ist vom Cupra-Zierschmuck nicht mehr viel zu sehen. Die Sportsitze gibt es bereits in der FR-Variante, einzig die Cupra-Logos auf dem Schaltknüppel, dem Lenkrad sowie der optimistische 280 km/h Tacho zeugen von der zusätzlichen Power. Ein Pulsbeschleuniger ist der Cupra-Innenraum nicht, denn: Im Gegensatz zu den normalen Versionen sind beim Cupra keine Farbspielereien möglich, es ist alles in Grau und Schwarz gehalten. Vom Platz her bietet der Ibiza durchschnittliche Verhältnisse, wobei ich ja finde, dass Seat mit der ausschliesslich dreitürigen Variante die Prioritäten gleich selbst vorgibt, oder…?
Das Schöne an den Produkten aus dem Volkswagen-Konzern ist, dass sie die perfekte Mischung mitbringen. Alltag auf der einen Seite, Sportlichkeit auf der anderen Seite. So ist es nicht verwunderlich, dass der Ibiza Cupra sich bei gemächlicher Gangart kaum als Cupra zu erkennen gibt. Butterweich flutschen die Gänge fast von alleine durch die Gassen, trotz Sportfahrwerk federt der Kleine stets angenehm und auch auf der Autobahn hält sich der Geräuschpegel in Grenzen. Im Gegensatz zu manch anderem Giftzwerg ist das Getriebe nämlich nicht so kurz übersetzt, dass der Motor auf der Autobahn bei 3500 Umdrehungen vor sich hin singt.
Ich rechne es Volkswagen hoch an, dass sie tatsächlich einen grösseren Motor als beim Vorgägner einsetzen! Ob der kleine 1,4-Liter mit der Leistung überfordert war…? Auf jeden Fall sorgt der grössere 1,8-Liter Turbobenziner nicht nur für mehr Souveränität, sondern auch für mehr Power. Darüber hinaus bietet Seat den Ibiza Cupra im Gegensatz zum Polo GTI ausschliesslich mit einem manuellen Getriebe an. Die Krux ist nämlich, dass das 7-Gang DSG nicht mehr als 250 Nm verkraftet und beim Polo GTI mit DSG das Drehmoment von 320 Nm künstlich auf 250 Nm gedrosselt werden. Dass die Fahrleistungen auf dem Papier trotzdem dieselben wie beim Handschalter sind, muss man nicht verstehen…
Auf jeden Fall gibt es bei Seat nur das volle Paket mit den ganzen 320 Nm, ausserdem sorgt eine elektronische Differentialsperre dafür, dass die Kraft nicht verraucht. Es ist also die Zeit gekommen, den Ibiza Cupra auszupressen wie eine Zitrone: Sport-Modus an und ESP auf Sport (ganz aus geht leider nicht). Sind die adaptiven Dämpfer gestrafft, geht der Komfort grösstenteils flöten, dafür wird der Ibiza dank härterer Lenkung und spontaner Gasannahme richtig giftig. Wie giftig, darüber bin ich dann doch ziemlich erstaunt gewesen.
Man darf im Eifer des Gefechts nämlich nie vergessen, dass man im Grunde einen Kleinwagen fährt. Jedoch gibt einem der Ibiza Cupra ein ganz anderes Gefühl. Völlig mühelos orgelt sich das Triebwerk bis auf fast 7000 Umdrehungen hoch, wobei ihm auch ganz oben die Luft nicht ausgeht. Nicht schlecht für einen kleinen Turbomotor! Aber wirklich lustig wird es, sobald Kurven auftauchen. Zwar sind keine Brembo-Bremsen verbaut, trotzdem überzeugt die Bremsanlage durch perfekte Dosierbarkeit und einer Kraft, die problemlos mehr Leistung standhalten würde. Überaus direkt lenkt er ein, und wenn man dann im Scheitelpunkt wieder voll aufs Gas geht, spürt man, wie die Differentialsperre die Kraft aufs kurvenäussere Rad schickt und der Motor hin und wieder aufheult, da aufgrund deaktivierter Traktionskontrolle das Rausbeschleunigen nicht immer ganz reibungslos vonstatten geht.
Aber der Ibiza Cupra fängt sich rasch wieder, krallt sich in den Asphalt und schiebt sich den Berg hoch. Man muss schon anfangen, wie ein Psycho zu fahren, um das Untersteuern zu provozieren. Wer hingegen eine saubere Linie fährt und nicht vor dem Scheitelpunkt aufs Gas geht, hat mit dem stärksten Ibiza einen Wagen unter dem Hintern, der nicht nur überraschend flink, sondern auch verdammt präzise ist. Kaum zu glauben, dass dieser kleine Giftstachel sich vorhin so sanftmütig und locker durch die Gegend zirkeln liess. Das ist fast ein zweites Auto, wenn alles in den Sport-Modus gerückt wird, was geht. Ausserdem ist das ESP im Sport-Modus erfreulich tolerant, es hat mir selbst bei wilder Fahrweise nie dazwischengefunkt und falls doch, dann habe ich es nicht gemerkt, was ebenfalls als Kompliment gewertet werden darf.
Ich bin hoch begeistert von diesem kleinen Kraftpaket und bin immer noch nicht fertig mit dem Lob, aber dazwischen muss ich noch etwas anderes loswerden. Der Sound ist eine Katastrophe und zwar gleich in doppelter Hinsicht. Seat schafft es einfach nicht, seinen Cupra-Modellen einen anständigen Ton zu entlocken. Der Ibiza ist so leise, selbst bei voller Beschleunigung habe ich das Gefühl, dass das dezente Pfeifen des Turbos immer noch präsenter als das Motorengeräusch ist. Ich glaube, da produziert selbst ein Handstaubsauger mehr Lärm. Also wirklich. Wenigstens ein bisschen anständiger Motorensound kann man schon erwarten, ist das wirklich so schwer…?
Dafür ist es im Innenraum gleich das andere Extrem. Da wirft einem der Sound Symposer im Sport-Modus einen Klangteppich um die Ohren, dass es schon fast nicht mehr nach Vierzylinder klingt. Da tönt sogar der Motorensound bei Need For Speed auf der Playstation um Welten realistischer. So toll ich dieses Auto auch finde, aber wenn man mir vor dem Kauf nicht versichern würde, dass man diesem furchtbaren, künstlichen Gedröhne nicht irgendwie ein Ende bereiten kann (und wenn man dafür ein Bauteil ausbauen muss), dann wäre das für mich persönlich ein K.O.-Kriterium, das Auto nicht zu kaufen. Es ist wirklich schlimm.
Ebenfalls schlimm ist – zumindest im Testwagen – das Geknarze bei forcierter Fahrt gewesen. Irgendwo auf der Beifahrerseite hat irgendetwas permanent Geräusche von sich gegeben. Wie gesagt, wir befinden uns im Kleinwagensegment und bei dem Hammerpreis vom Ibiza Cupra muss nicht alles die beste Qualität haben. Aber solche Störgeräusche gehören einfach in kein Auto, Punkt.
Obwohl ich den Ibiza alles andere als ökologisch bewegt habe, ist der Verbrauch mit 7,4 l/100 km in einem akzeptablen Rahmen geblieben. Und wenn wir schon bei Zahlen sind: Der Preis ist echt unschlagbar. 25’350 Franken kostet der praktisch voll ausgestattete Testwagen, einen billigeren Hot Hatch gibt es nicht. Und dabei macht der Ibiza Cupra einen hervorragenden Job. Es sind eigentlich nur zwei Dinge, die mich gestört haben, diese dafür umso mehr: Das ständige Geknarze und das Soundproblem, innen wie aussen. Würde Seat diese beiden Punkte beheben ohne beim Preis zu schrauben, dann könnte ich ohne Weiteres behaupten, dass der Ibiza Cupra eines der besten Kraftpakete in seinem Segment ist.
Alltag
Zwar ist der Zustieg in den Fond nicht besonders bequem, aber die Platzverhältnisse sind okay, sofern vorne kein Riese sitzt. Zudem ist der Ibiza Cupra angenehm handlich und übersichtlich.
Fahrdynamik
Besonders hervorheben möchte ich die präzise Lenkung die kräftigen Bremse. Dass er genügend Schub hat, ist klar. Ebenfalls toll ist das unbeirrbare Handling in Kurven. Jedoch fehlt einfach ein einigermassen anständiger Sound!
Umwelt
Für seinen Einsatz geht der Verbrauch von 7,4 l/100 km in Ordnung. Bei gemächlicher Fahrweise dürfte man nicht allzu weit vom Normverbrauch von 6,2 l/100 km liegen.
Ausstrahlung
Für einen Kleinwagen sieht der Ibiza Cupra ganz schön rassig aus. Man sieht es ihm nicht an, dass sein Design eigentlich schon etliche Jahre alt ist.
Fazit
+ Schnittiges Design
+ Präzises Handling
+ Adaptives Fahrwerk mit guter Spreizung
+ Tolerantes ESP im Sport-Modus
+ Drehfreudiger Motor
+ Bissige Bremse
+ Schnelles, intuitives Mediasystem mit Smartphone-Spiegelung
+ Bequeme Sportsitze
+ Toller Preis
+ Umfangreiche Ausstattung
+Passabler Verbrauch
+ Xenonscheinwerfer mit Kurvenlicht
– Kaum Motorsound
– Übler Sound Symposer im Innenraum
– Mässig hochwertige Materialanmutung
– Nervendes Klappern von der Beifahrerseite
Mängel am Testwagen
– Keine Mängel
Steckbrief
Marke / Modell | Seat Ibiza Cupra |
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Preis Basismodell / Testwagen | 21 950 CHF / 25 350 CHF |
Antrieb | Benzin, Frontantrieb |
Hubraum / Zylinder | 1798 ccm / R4 |
Motoranordnung / Motorkonzept | Frontmotor / Turbomotor |
Getriebe | 6-Gang manuell |
Max. Leistung | 141 kW bei 4300 - 6200 r/min |
Max. Drehmoment | 320 Nm bei 1450 - 4200 r/min |
Beschleunigung 0–100 km/h | 6,7 s |
Vmax | 235 km/h |
NEFZ-Verbrauch / CO2 Emissionen / Energieeffizienz | 6,2 l/100 km / 145 g/km / F |
Test-Verbrauch / CO2 Emissionen / Differenz | 7,4 l/100 km / 173 g/km / +19% |
Länge / Breite / Höhe | 4,04 m / 1,69 m / 1,43 m |
Leergewicht | 1298 kg |
Kofferraumvolumen | 292 - 930 |
(Bilder: Koray Adigüzel)