An optischer Extravaganz fehlt es dem neuen Topmodell von Škoda, dem Enyaq Coupé RS, definitiv nicht, vor allem in der abgebildeten Farbe Mambagrün. Je nach Konfiguration sieht sogar ein sehr viel teureres und sportlicheres Porsche Cayenne Coupé viel dezenter aus. Jedoch ist die Namensgebung mit dem RS-Zusatz irreführend, denn es handelt sich zwar um das leistungsstärkste und somit auch das Topmodell innerhalb der Baureihe, doch ein richtiges RS-Modell ist das Enyaq Coupé deswegen noch lange nicht. Stattdessen liegen die Stärken paradoxerweise bei den pragmatischen Ansätzen, dem Komfort und der Effizienz.
Zum selbstbewussten Auftritt der Coupé-Version passt der Umstand, dass der beleuchtete Kühlergrill – das sogenannte Crystal Face – serienmässig ist. Doch auch ohne die schicke Lichtshow im Dunkeln gefällt das Enyaq Coupé mit eleganten Linien und gelungenden Proportionen. Nicht immer sind SUV-Coupés der Inbegriff von Eleganz, doch Škoda schafft es, eine fliessende Dachlinie in einem einigermassen schlanken Heck auslaufen zu lassen. Dazu gibt es bis zu 21-Zoll grosse Räder und viele Schwarz abgesetzte Akzente inklusive des gesamten Daches. Die Optik bleibt letztendlich Geschmackssache, doch die zahlreichen Komplimente während des Testzeitraumes sprechen dafür, dass das Design des Tschechen allgemein auf Anklang stösst.
Formvollendetes Cockpit
Grundsätzlich hat Audi innerhalb des Konzerns den Premium-Anspruch, aber gegenüber dem Enyaq Coupé kann der Audi Q4 Sportback einpacken. Škoda verwendet schmeichelnde Materialien, bietet eine top Verarbeitung und vergisst auch die Liebe zu gewissen Details nicht. Dazu gibt es perfekt stützende Sportsitze, zahlreiche und grosse Ablagemöglichkeiten dank der schwebenden Mittelkonsole und fürstliche Platzverhältnisse für alle Insassen. Das Infotainmentsystem läuft flüssig und lässt sich gut per Sprache bedienen, wobei gewisse Menus ziemlich verschachtelt aufgebaut sind. Serienmässig beim Coupé ist das gigantische Panoramadach, jedoch verfügt es über kein Rollo. Es ist zwar gemäss Hersteller wärmeisoliert, aber bei Temperaturen von über 30 Grad heizt es den Innenraum eben dennoch auf. Schick ist es zweifelsohne, aber simply clever ist ein Glasdach ohne Rollo definitiv nicht.
Sportlich ist nur der Name
Für Škoda reicht die Leistungsdifferenzierung beim Enyaq Coupé (und auch beim normalen Enyaq) offenbar aus, um das Modell als RS zu kennzeichnen. Ich finde: Das Ganze ist eine Mogelpackung. Denn RS steht nicht nur gemeinhin, sondern auch bei Škoda für die sportliche Speerspitze. Beim Enyaq Coupé RS sind aber Fahrwerk, Lenkung und Bremsen komplett unangetastet und entsprechen den übrigen Enyaq-Modellen. Zudem sind auch noch Eco-Reifen aufgezogen. Das hohe Gewicht von 2340 Kilo ist ohnehin schon nicht vorteilhaft, aber wenn dann fahrwerkstechnisch kein sportliches Setup verbaut ist, dann darf man sich nicht wundern, dass das Enyaq RS Coupé recht schwankt, eher gelassen als spitz einlenkt und früh ins Untersteuern geratet. Ausserdem steht die Spitzenleistung nur bei einem sehr hohen Batterieladestand zur Verfügung. Bereits bei unter 85 Prozent nimmt die Leistung um ein paar Prozentpunkte ab. Auch hier: Sportlich ist anders. Das Kürzel RS wird bei Škoda offenbar zur Ausstattungslinie degradiert. Schade.
Komfortabel und effizient
Dafür punktet das Auto bei fast allen anderen Kategorien. Das Auto ist innen ausgesprochen leise, auch bei Autobahntempo. Der Fahrkomfort ist ebenfalls sensationell und kann im Comfort-Modus sogar noch um ein Level gesteigert werden. Die Rekuperation wird mittels Radar und GPS automatisch gesteuert, was ein sehr gemütliches und vor allem effizientes Fahren ermöglicht. Echtes One-Pedal-Driving bis zum Stillstand bietet das Enyaq Coupé aber nicht. Gleichwohl kann sich die Effizienz sehen lassen. Im Test trotz sportlichen Passagen (bis ich entdeckt habe, was RS hier eigentlich bedeutet, respektive nicht bedeutet) begnügte sich der Škoda im Mittel mit 19,0 kWh/100 km. Damit lässt er seine Konzern-Geschwister bezüglich Verbrauch hinter sich.
Somit erzielt das Auto knapp 400 Kilometer echte Reichweite, nachgeladen wird mit mässig schnellen 135 kW. Ansonsten kann sich die technische Ausstatung aber sehen lassen, denn vom Autobahn-Assistenten über den autonomen Parkassistenten bis zum Matrix-Licht ist fast alles an Bord, was man sich wünschen kann. Jedoch hat sich im Test bisweilen der Notbremsassistent mit einem Fehlalarm gemeldet, obwohl zum Teil wirklich keine Gefahr herrschte. Und auch der Spurhalteassistent muss nach jedem Motorstart umständlich in einem Untermenü erneut deaktiviert werden.
Gutes Auto, falscher Name
Etwas Optimierung bei den Assistenzsystemen und die Möglichkeit des One-Pedal-Drivings wären wünschenswert, ansonsten ist das Škoda Enyaq Coupé RS ein geräumiges, komfortables, sparsames und technisch hochstehendes Elektroauto. Das Design kann sich sehen lassen, die Qualität ebenso. Das hat jedoch auch seinen Preis und mit einem Preisschild von rund 76’000 Franken bei nahezu vollständiger Ausstattung befindet sich das Enyaq RS Coupé im Portfolio der Tschechen ganz weit oben. Es mir allerdings komplett unverständlich, wieso man das Auto als RS vermarktet, ohne auch nur ansatzweise Vorkehrungen zu treffen, dass das Auto auch sportlich fährt.
Alltag
Trotz sehr stylischem Design bietet auch das Enyaq Coupé hervorragende Platzverhältnisse, viele Ablagemöglichkeiten und einen optimal nutzbaren Kofferraum. Allerdings fehlt ein Frunk und das grosse Glasdach ohne Rollo heizt im Hochsommer das Auto zusätzlich auf – insbesondere im Stand.
Fahrdynamik
Da auch das RS-Modell mit dem standardmässigen Adaptivfahrwerk fahren muss, ist Sportlichkeit selbst im Sport-Modus nicht wirklich seine Kerndisziplin. Das Handling ist eher mau und die auf dem Papier recht üppige Leistung wird durch das immense Gewicht relativiert.
Umwelt
Im Test hat das Enyaq Coupé RS mit einem Verbrauch von 19,0 kWh/100 km einen soliden Stromverbrauch an den Tag gelegt. Die automatische Rekuperation arbeitet einwandfrei, einzig die Möglichkeit des One-Pedal-Drivings fehlt.
Ausstrahlung
Im boomenden Segment der SUV-Coupés gehört der Škoda zu den adretteren Vertretern mit attraktiven Proportionen.
Fazit
+ Elegantes und sportliches Design
+ Sehr generöse Platzverhältnisse
+ Bequeme Sportsitze, top Ergonomie
+ Sehr hochwertige Materialien, top Verarbeitungsqualität
+ Vielseitig nutzbarer Kofferraum
+ Viele Fahrmodi mit breiter Spreizung
+ Komfortables und geschmeidiges Fahrgefühl
+ Sehr effektive Geräuschdämmung
+ Neutrales Fahrverhalten
+ Umfangreiche Serienausstattung
+ Sehr gutes Matrix-LED-Licht
+ Intelligente automatische Rekuperation
+ Niedriger Verbrauch
– Modellname suggeriert falsche Sportlichkeit
– Teilweise sensible Assistenzsysteme
– DC-Ladeleistung nur mässig
– Glasdach ohne Schutzrollo
– Hohes Gewicht
Mängel am Testwagen
– Keine Mängel
Steckbrief
Marke / Modell | Škoda Enyaq Coupé RS iV |
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Preis Basismodell / Testwagen | 65 670 CHF / 76 030 CHF |
Antrieb | Elektrisch, Allradantrieb |
Akkukapazität | 82 kWh (brutto) / 77 kWh (netto) |
Max. Leistung | 220 kW |
Max. Drehmoment | 60 Nm |
Beschleunigung 0–100 km/h | 6,5 s |
Vmax | 180 km/h (elektronisch abgeregelt) |
WLTP-Verbrauch / Energieeffizienz | 17,4 kWh/100 km / A |
Test-Verbrauch / Differenz | 19,0 kWh/100 km / +9% |
Max. Ladeleistung (DC) | 135 kW |
WLTP-Reichweite | 520 km |
Ø Test-Reichweite | 380 km |
Länge / Breite / Höhe | 4,65 m / 1,88 m / 1,61 m |
Leergewicht | 2338 kg |
Kofferraumvolumen | 570 - 1610 l |