Smart hat es geschafft und mit dem Fortwo ein Auto gebaut, das heutzutage Kultstatus hat. Alle kennen ihn und die Meisten finden ihn knuffig. Wie könnte man der 2,69 Meter kurzen Schuhschachtel, wie ihn meine Mutter nennt, mit irgendwelchen Unterstellungen begegnen? So unschuldig steht er da. Dabei hat es so ein Smart faustdick hinter den Ohren. Der Testwagen, fein ausgestattet sowie topmotorisiert und mit Doppelkupplungsgetriebe als auch mit Sportfahrwerk ausgerüstet, macht richtig Freude zum Fahren. Jedoch hat der Zwerg auch ein paar Eigenschaften, die ganz schön unzulänglich sind.
Ich frage mich manchmal, was den Leuten durch den Kopf geht, die solche Presseautos konfigurieren. Klar, weiss ist derzeit im Trend. Aber das hier ist ein Smart. Jede Farbe passt. Jedes Muster passt. Ausserdem kann man die Tridion-Sicherheitszelle sowie den Kühlergrill farblich vom Rest der Karosserie abheben. Und mein Testwagen? Weiss, weiss und nochmal weiss. Das schwarze Dach verdankt das Auto dem Panoramadach. Schade, ich habe mir einen richtig fetzigen Smart gewünscht. Aber egal.
Die deutlichste Veränderung gegenüber dem Vorgänger ist die «richtige» Motorhaube, die er den Bestimmungen zum Fussgängerschutz verdankt. Hinten sind es vor allem die Rücklichter, welche ihn anders erscheinen lassen. Seitlich hat sich nicht viel verändert, praktisch die ganze Seite besteht aus der Tür. Zwar ist der Smart ein Winzling, aber aufgrund der riesigen Türen muss man in Parklücken dennoch aufpassen, sie nicht zu weit aufzustossen.
Wer schon mal in einem neuen Renault gesessen ist, dürfte sich im Smart ziemlich schnell auskennen. Aufgrund der Kooperation zwischen Daimler und Renault sind der Smart und der Twingo Brüder. Motor, Verkleidungen, Hebel, Sitze, Media-System – alles von Renault. Schade finde ich, dass das Media-System nur Android-Smartphones via Mirror-Link spiegeln kann, Apple CarPlay wird nicht unterstützt. Ob man irgendwelche Studien durchgeführt hat, was für ein Smartphone Smart-Fahrer besitzen? Sich auf ein System zu beschränken, ist genauso doof wie unnötig, denn es ist möglich, Android und iOS miteinander zu unterstützen.
Mehr Hirnschmalz hat man bei der Gestaltung des Innenraums verwendet. Für ein so kleines Auto hat der Smart viele Ablagen und im Gegensatz zum Vorgänger haben nun auch langbeinige genügend Platz. Dennoch stimmt die Ergonomie nicht ganz, denn das Lenkrad ist nur in der Höhe verstellbar und die Fussstütze für den linken Fuss ist viel zu steil. Gut sind dafür die Sitze, die auch nach längerer Fahrt nirgends zwicken und genügend Seitenhalt bieten. So etwas wie einen Kofferraum hat der Smart auch noch, wobei mich eigentlich die Zuladung viel mehr erstaunt, als das Platzangebot an sich: Rund 255 Kilo kann man in den Smart einladen (ohne Fahrer, denn der wird gemäss Gesetz im Leergewicht berücksichtigt). Ich frage mich daher, wo und wie ich die theoretischen 200 Kilo Gepäck im Smart verstauen soll? 😉
Rangieren und Manövrieren macht grundsätzlich am wenigsten Spass beim Autofahren. In einem Smart sieht das anders aus. Dank dem fantastischen Wendekreis von 6,95 Meter kann man den Smart gefühlt auf der Stelle wenden. Kein Durchgang ist zu eng, keine Lücke zu klein, keine Abzweigung zu scharf. Mit ihm kommt man überall durch. Obwohl das Auto praktisch direkt hinter einem aufhört, ist optional eine Rückfahrkamera erhältlich. Ich gebe zu, ich bin alles andere als ein Ass beim Parkieren. Aber im Smart ist es wirklich kinderleicht, selbst ohne irgendwelche Hilfen. Wer mit diesem Auto nicht klar kommt, sollte sich ernsthaft überlegen, dauerhaft auf den ÖV umzusteigen.
Als erster Smart überhaupt verfügt der Neue endlich über ein anständiges Automatikgetriebe. Das 6-Gang Doppelkupplungsgetriebe namens Twinamic kann ich jedem empfehlen. Es schaltet unmerklich, logisch und zackig. Ich hatte mal das Vergnügen, ein Brabus Vorgängermodell mit Automatik zu fahren. Das Ding ging ab wie eine Sau, aber bei jedem Schaltvorgang hatte ich das Gefühl, die Zeit stehe kurz still. Kein Vergleich zum jetzigen Getriebe, dazwischen liegen Welten. Meckern kann man höchstens über die Anfahrschwäche, worunter jedoch viele Autos mit einem Doppelkupplungsgetriebe leiden. Mein Testwagen ist, wie gesagt, mit dem Sportfahrwerk ausgerüstet und in Verbindung mit der feinen Doppelkupplung macht das Fahren mit dem Smart sowohl durch die Stadt, als auch über Landstrassen richtig Spass.
Zwar hoppelt der Kleine teilweise wie ein Kaninchen über die Strassen, aber ich glaube, das grosse Geheimnis vom Smart ist, dass man das gefahrene Tempo tatsächlich spürt. Eine Strecke, die in einer abgekapselten Sportlimousine langweilig wirkt, wird im lebendigen Smart plötzlich aufregend. Flott fahren macht Spass, aber man darf es nicht zu ernst nehmen. Wird der Smart hart rangenommen, wird er vom ESP noch härter eingebremst. Die rigorose Abstimmung dient wohl vor allem dafür, dass das Auto nicht kippt. Witzig ist dafür, dass der Dreizylinder-Turbo wie ein luftgekühlter Motor klingt. Jedoch wird der winzige Motor bei entsprechender Beanspruchung zum veritablen Säufer. Im Test genehmigte er sich gewaltige 6,6 l/100 km, was bei einem Leergewicht von 960 Kilo unverschämt viel ist.
Vor allem auf der Autobahn wird der Smart zum Benzinvernichter. Auch die hohen Windgeräusche ab 100 km/h zeigen, dass der Smart nicht für längere Autobahnetappen gedacht ist. Da sein hoher Aufbau in Zusammenhang mit dem geringen Gewicht empfindlich auf Windstösse reagiert, verfügt der Smart serienmässig über einen Seitenwind-Assistenten, welcher die Räder der windzugewandten Seite ganz leicht abbremst. Als Fahrer spürt man von diesem Eingriff nichts, er bewirkt aber, dass man weniger stark gegenlenken muss. Wenn ich an den Renault Twingo zurückdenke, den es bei Wind auf der Autobahn regelrecht durchgeschüttelt hat, dann nützt der Seitenwind-Assistent vom Smart durchaus etwas. Hingegen kann man auf den piepsenden Spurhalteassistenten getrost verzichten.
Smart weiss, dass ihr Auto sowohl Kult, als auch einzigartig ist. Niemand sonst bietet ein so kleines Auto an und anscheinend sind die Leute deswegen bereit, 23’845 Franken für einen Smart wie meinen Testwagen auszugeben. Dafür gäbe es nämlich auch grössere Autos mit passabler Ausstattung. Zwar bietet Smart mit dem Fortwo unschlagbare Handlichkeit und ein bequemes Auto für zwei Personen. Obwohl er bei zu forscher Fahrweise sofort eingebremst wird, macht er mit dem Sportfahrwerk bei zügiger Fahrweise viel Spass. Für den Preis dürfte Smart aber mehr Stoff und weniger Plastik liefern. Auch bei den Windgeräuschen besteht Optimierungspotenzial. Ein No-Go ist der viel zu hohe Verbrauch. Mein Testwagen ist mit dem Turbomotor, der gleichzeitig die Top-Motorisierung ist, ausgestattet. Ich rate trotz dem hohen Verbrauch unbedingt davon ab, einen anderen Motor zu wählen. Ich möchte gar nicht wissen, wie zäh das Fahrverhalten mit den beiden verfügbaren Saugmotoren sein muss. Da der Smart das Stadtauto schlechthin ist, verstehe ich ausserdem nicht, warum es vom Neuen noch keine reine Elektro-Variante gibt. Jemand hat mir sogar gesagt, dass es den neuen Smart seiner Meinung nach gar nicht mehr als Verbrenner geben dürfte…
Alltag
Wie alltagstauglich ein Smart ist, ist natürlich Ansichtssache. Für junge Leute reicht er aus, ansonsten ist er ein prima Zweitwagen. Seine Handlichkeit ist unschlagbar, dennoch muss man in Parklücken auf die langen Türen achten. Auf der Autobahn ist er zudem ziemlich laut.
Fahrdynamik
Das harte Sportfahrwerk lässt den Smart knackiger wirken, als er ist. Der extrem kurze Radstand und der hohe Schwerpunkt lassen sich nicht kaschieren, weshalb das ESP den Smart bei hohen Kurventempi rigoros einbremst. Den Fahrspass bietet er, indem er sehr lebendig wirkt und man die Geschwindigkeit spürt.
Umwelt
Dafür, dass er das kleinste, richtige Auto ist, verbraucht er viel zu viel. 6,6 l/100 km gehen einfach gar nicht für einen Smart und sind 61% mehr, als der Hersteller verspricht.
Ausstrahlung
Er hat seinen Charme, ganz klar. Auch seine vielen möglichen Farbkombinationen lassen ihn im Strassenbild auffallen. Trotzdem wirkt er hinten etwas gar flach, aber was soll man schon anders machen, wenn man es bei 2,69 Meter Länge belassen muss…
Fazit
+ Gut schaltendes Doppelkupplungsgetriebe
+ Knackiges Sportfahrwerk
+ Genügend Ablagen
+ Präzise Lenkung
+ Bequeme Sitze
+ Unschlagbarer Wendekreis
+ Gutes Infotainmentsystem
+ Kerniger Motor
– Viel zu hoher Verbrauch
– Hoher Preis
– Deutliche Windgeräusche auf der Autobahn
– Drehzahlmesser nur optional erhältlich
– Extrem rigoroses ESP
– Ergonomie nicht einwandfrei
– Keine Reichweite-Anzeige im Bordcomputer
Mängel am Testwagen
– Keine Mängel
Steckbrief
Marke / Modell Smart Fortwo Preis Basismodell / Testwagen 13 900 CHF / 23 845 CHF Antrieb Benzin, Heckantrieb Hubraum / Zylinder 898 ccm / R3 Motoranordnung / Motorkonzept Heckmotor / Turbomotor Getriebe 6-Gang Doppelkupplungsgetriebe Twinamic Max. Leistung 66 kW bei 5500 r/min Max. Drehmoment 135 Nm bei 2500 r/min Beschleunigung 0–100 km/h 11,3 s Vmax 155 km/h NEFZ-Verbrauch / CO2 Emissionen / Energieeffizienz 4,1 l/100 km / 96 g/km / B Test-Verbrauch / CO2 Emissionen / Differenz 6,6 l/100 km / 154 g/km / +61% Länge / Breite / Höhe 2,69 m / 1,66 m / 1,55 m Leergewicht 960 kg Kofferraumvolumen 190 - 350 l
(Bilder: Koray Adigüzel)