Die Testwagen, die ich fahre, sind selten so günstig wie der Suzuki Baleno. Sie sind auch selten so einfach ausgestattet. Der Baleno ist ein simples, unkompliziertes Auto. Es klingt gemein, aber er ist auch ein langweiliges Auto. Doch langweilig ist auf keinen Fall mit schlecht gleichzusetzen. Klar muss man aufgrund des tiefen Preises ein paar Abstriche in Kauf nehmen. Doch Suzuki bietet viel Auto fürs Geld – und sogar ein paar Überraschungen.
Der Baleno fällt dadurch auf, dass er – nicht auffällt. Sein Design ist so schlicht, dass es ohne Weiteres ein paar Jahre alt sein könnte. Besonders modern sieht der Baleno nicht aus und sein rundliches Design bietet auch keinen besonders hohen Wiedererkennungswert. Das ganze Auto ist so unauffällig wie sein Design. Doch man darf sich von dieser Unauffälligkeit nicht täuschen lassen.
Das Interieur ist in erster Linie zweckmässig, etwas anderes darf man in dieser Preisliga auch kaum erwarten. Schick sind einzig das hochauflösende Zentraldisplay und der blau beleuchtete Schweif oberhalb von den Instrumenten. Die Instrumente selber sehen wiederum aus, als wäre dies ein fünf Jahre altes Auto. Die Materialien sind mässig, die Verarbeitung so gut, dass während der Fahrt keine unnötigen und störenden Geräusche entstehen, aber an gewissen Stellen sollte man dennoch nicht zu fest drücken oder rütteln. Das intuitive Mediasystem, welches man aus anderen Suzuki-Modelle kennt, überzeugt wie immer durch seine einfache Bedienung, der klaren Navigation und der Smartphone-Integration.
Trotz aller Einfachheit: Die Ergonomie passt, auch als grosser Mensch finden man problemlos hinter dem Steuer Platz, obschon die Sitzposition zu hoch ist. Die erste grosse Überraschung kommt aber, sobald man im Fond Platz nimmt. Der Baleno ist auch echtes Raumwunder und bietet auf seinen vier Metern Länge in der zweiten Reihe mehr Platz als so manches Auto mit einem haben Meter mehr Länge. Selbst zwei grosse Personen finden problemlos hintereinander Platz. Das Raumangebot für die Passagiere geht erfreulicherweise nicht zu Lasten des Kofferraums, denn auch dieser bietet genügend Platz für ein Auto dieser Klasse.
Speziell ist der Antrieb vom Testwagen. Es handelt sich um einen sogenannten Mild-Hybrid, das heisst, der Elektromotor hilft beim Beschleunigen, ist aber zu schwach, um das Auto alleine anzutreiben. Wer jetzt aufgrund des Elektromotors an einen Boost denkt, der ist beim Baleno an der falschen Adresse. Der Antrieb ist auf Sparsamkeit ausgelegt. Dank manuellem Getriebe kommt man mit der bescheidenen Leistung jedoch zu Recht, selbst wenn dem Baleno bergauf oder ab Tempo 100 langsam die Puste ausgeht. Man wird nicht zum Verkehrshindernis und der Motor heult auch nicht unangenehm auf. Für ein Überholmanöver sollte man allerdings auf einer Strasse in Form einer Landebahn unterwegs sein, ansonsten lässt man es lieber sein.
Was dem Baleno fehlt, ist ein sechster Gang. Bereits innerorts kann nämlich der fünfte Gang eingelegt werden, was bedeutet, dass bei Tempo 130 auf der Autobahn im selben Gang über 3500 Umdrehungen anliegen. Erfreulicherweise ist der Baleno nie aufdringlich laut, Windgeräusche bleiben genauso akzeptabel wie das leichte Dröhnen des Motors auf der Autobahn. Top ist der Abstandstempomat, der so geschmeidig wie in deutlich teureren Autos arbeitet. Mein Fahrprofil ist wahrlich nicht prädestiniert für den Baleno Hybrid, weshalb ich am Ende umso überraschter gewesen bin, dass er nur 5,8 Liter verbraucht hat. Für das Auto spricht sein geringes Gewicht von nur 1010 Kilo. Wer den Kleinwagen vorwiegend für Kurz- bis Mittelstrecken nutzt und nur gelegentlich Autobahn fährt, dürfte locker weniger als fünf Liter verbrauchen.
Etwas mehr Temperament und vielleicht einen Hauch Fahrspass verspricht der Dreizylinder-Turbobenziner, der allerdings ebenfalls nur mit einem 5-Gang-Getriebe auskommen muss. Für den ist allerdings optional eine 6-Gang-Automatik verfügbar. Das Fahrwerk vom Baleno erträgt nämlich durchaus etwas mehr Leistung. Schade, vermittelt die schwammige und indirekte Lenkung kein gutes Gefühl, denn ansonsten ist das Fahrverhalten tiptop. Der Japaner fährt gelassen und lässt sich auch dann nicht aus der Ruhe bringen, wenn man zügig um Kurven fährt. Da habe ich schon deutlich schlimmere Seitenneigungen erlebt.
Suzuki bietet für 22’850 Franken sehr viel Auto fürs Geld, vor allem, was das Platzangebot betrifft. Der moderne Antrieb ist zwar zuweilen zäh, dafür aber schön sparsam. Der Look vom Baleno ist zwar recht langweilig, doch er ist kein Verzichtauto. Mit dem Abstandstempomat, dem tollen Mediasystem, der Rückfahrkamera, dem Xenon-Abblendlicht und der Sitzheizung bietet er genügend Komfort für den Alltag. Für jüngere Leute empfehle ich den gleich teuren Dreizylinder, womit der Baleno etwas spritziger unterwegs sein dürfte. Besonders aufregend wird der Baleno zwar auch dann nicht sein, aber gewisse Leute schätzen es ja, wenn man es ruhiger angeht. Suzuki zeigt, dass man auch für wenig Geld ein gutes Auto mit wenigen Abstrichen kriegen kann.
Alltag
Für seine Grösse bietet der Baleno enorm viel Platz. Zudem ist er handlich, übersichtlich und sparsam. Definitiv alltagstauglicher als viele andere Kleinwagen.
Fahrdynamik
Für sportliches Fahren fehlt dem Baleno eindeutig die Kraft. Ausserdem gibt einem die künstliche Lenkung kein gutes Feedback von der Strasse. Das Fahrwerk ist angenehm ausgewogen, ein schwankendes Schiff ist der Baleno nicht.
Umwelt
Der Testverbrauch von 5,8 l/100 km ist zwar einiges über dem Normverbrauch von 4,0 l/100 km, doch die vielen Autobahnfahrten sind für den Hybrid auch nicht gerade das Beste. Wer weniger Autobahn fährt, sollte mit 5 Liter auskommen. Trotzdem schade, bietet Suzuki kein 6-Gang Getriebe an, um den Verbrauch bei höheren Geschwindigkeiten zu senken.
Ausstrahlung
Der Baleno sieht langweilig und eintönig aus. Suzuki hat sich für ein schlichtes Design entschieden, das möglichst nicht anecken soll. Begeistern kann man damit halt auch niemanden.
Fazit
+ Enorm geräumiger Kleinwagen
+ Intuitives Mediasystem mit Smartphone-Integration
+ Handlich und übersichtlich
+ Ausgewogenes, komfortables Fahrwerk
+ Feinfühliger Abstandstempomat
+ Niedriger Verbrauch
+ Gute Ergonomie
+ Bequeme Sitze
+ Niedriger Preis
– Künstliche Lenkung
– Zu hohe Sitzposition
– Zu hohe Drehzahlen auf der Autobahn mangels sechstem Gang
– Keine Leistungsreserven
– Langweiliges Design innen wie aussen
Mängel am Testwagen
– Keine Mängel
Steckbrief
Marke / Modell | Suzuki Baleno |
---|---|
Preis Basismodell / Testwagen | 17 990 CHF / 22 580 CHF |
Antrieb | Benzin Mild-Hybrid / Frontantrieb |
Hubraum / Zylinder | 1242 ccm / R4 |
Motoranordnung / Motorkonzept | Frontmotor / Saugmotor |
Getriebe | 5-Gang manuell |
Max. Leistung | 66 kW bei 6000 r/min |
Max. Drehmoment | 120 Nm bei 4400 r/min |
Beschleunigung 0 - 100 km/h | 12,3 s |
Vmax | 180 km/h |
NEFZ-Verbrauch / CO2 Emissionen / Energieeffizienz | 4,0 l/100 km / 94 g/km / B |
Test-Verbrauch / CO2 Emissionen / Differenz | 5,8 l/100 km / 136 g/km / +45% |
Länge / Breite / Höhe | 4,00 m / 1,75 m / 1,46 m |
Leergewicht | 1010 kg |
Kofferraumvolumen | 355 - 1085 l |
Bilder: Koray Adigüzel