Suzuki SX4 S-Cross: Unabhängiger Crossover

Es ist heutzutage eine Seltenheit geworden: Ein Autohersteller, der komplett unabhängig ist und selber über sich bestimmen kann. Es gibt grosse Konzerne wie Volkswagen oder Fiat, es gibt reihenweise Kooperationen oder Allianzen, um gemeinsam ein Schwestermodell zu bauen (bsp. Renault Twingo und Smart Forfour) und sich somit die Entwicklungskosten zu teilen. Suzuki hingegen gehört keinem Konzern an, agiert vollkommen selbstständig. Die Japaner haben richtig erkannt, dass sich mit Crossovern gutes Geld verdienen lässt und bietet deshalb den SX4 S-Cross an. Der trägt zwar die Bezeichnung SX4 (der übrigens weiter verkauft wird) im Namen, ist aber ein vollkommen eigenständiges Modell mit eigener Plattform und grösserem Radstand. Ist der Crossover mit wachsender Konkurrenz eine ernsthafte Überlegung wert?

Beim Design geht Suzuki seinen eigenen Weg. Mittlerweile jedes Auto muss von vorne Eindruck schinden und böse oder zumindest grimmig in die Welt blicken. Der S-Cross hingegen wirkt ganz brav mit seinen mandelförmigen Scheinwerfern, wie die Unschuld vom Lande. Er wirkt nicht dynamisch und das ist ganz gut so, denn so wird einem wenigstens nicht etwas vorgegaukelt, was das Auto später nicht erfüllen kann. Der Crossover ist eigentlich nichts weiter als ein Kompaktwagen mit erhöhter Bodenfreiheit und Offroad-Look. Den S-Cross gibt es aber mit Allradantrieb, die Optik ist also nicht bloss Show, wie bei manch anderem Möchtegern-Kraxler. Während der kompakte Japaner von vorne frisch und modern aussieht, wirkt das Heck bereits um Jahre gealtert und langweilig. Es erinnert an den alten Nissan Qashqai, damit ist eigentlich bereits gesagt, dass die Kehrseite vom S-Cross nicht unbedingt entzückt.

Suzuki SX4 S-Cross
Das Heck lässt den S-Cross älter aussehen, als er tatsächlich ist.

Der Innenraum vom S-Cross ist funktional, übersichtlich und nüchtern gehalten. Man findet sich schnell zu Recht, die Bedienung erklärt sich von selbst. Während viele Hersteller ihr eigenes Infotainmentsystem entwickeln, vertraut Suzuki auf ein System von Alpine. Die Hardware erscheint erst einmal recht billig und irgendwie unpassend in das Auto “eingepflanzt”. Doch der erste Eindruck täuscht. Die Bildschirmauflösung mag nicht die Höchste sein, dafür reagiert das System blitzschnell (beispielsweise bei Tastatureingaben), ist super einfach zu bedienen, da es sich wie mit einem Smartphone durchs Menu scrollen lässt und vor allem: die Spracherkennung funktioniert. Und zwar richtig gut. Ob Navi-Eingabe oder Telefonanruf, das System verstand alles auf Anhieb und kein einziges Mal kam ein doofes «das habe ich leider nicht verstanden». Respekt!

Suzuki SX4 S-Cross
Ruhige, nicht aggressive Front.

Doch nicht nur die Multimedia-Technik, auch das Platzangebot ist respektabel, was für potentielle Kunden wahrscheinlich viel wichtiger ist. Selbst hinten haben gross gewachsene genügend Beinfreiheit, mit der Kopffreiheit wird es ab 1,80 Meter allerdings knapp. Der Kofferraum überzeugt mit einem Volumen von 430 – 1261 Liter, womit er so manchen Lifestyle-Kombi in die Schranken verweist. Bei der Verarbeitungsqualität und der Materialwahl hat Suzuki jedoch gespart. In meinen Augen ein fataler Fehler, wenn man bedenkt, welch riesigen Sprünge die Koreaner in Sachen Materialanmutung und Verarbeitungsqualität gemacht haben. Im S-Cross findet sich dagegen massenweise tristes Hartplastik, ausserdem sind bei Autobahntempo störende Geräusche vom Panoramaschiebedach und den Türen zu vernehmen, weil irgendetwas leicht knistert. Da wähnt man sich automatisch in einem 10-jährigen Koreaner. Schade!

Suzuki SX4 S-Cross
Das Panoramaschiebedach gibt eine grosse Öffnung frei, wobei dies mit lauten Windgeräuschen verbunden ist.

Angetrieben wird der S-Cross von einem 1,6-Liter Diesel und dass unter der Haube ein Selbstzünder vor sich hin nagelt, ist jederzeit überdeutlich. In kaltem Zustand rasselt und rattert es unter der Haube, als würde ein 40-Tonnen Traktor losziehen. Zwar wird der Diesel im warmen Zustand zurückhaltender, aber bei Drehzahlen über 2000 Touren ist er nach wie vor sehr rau. Was mich aber stutzig gemacht hat, ist der Beschleunigungswert: Geschlagene 13,0 Sekunden soll es dauern, bis der S-Cross die 100er-Marke knackt. Das kann ich mir kaum vorstellen, denn mit seinen 320 Nm Drehmoment zieht der Japaner doch akzeptabel durch. Ich kann mir nicht vorstellen, dass der schwachbrüstige Benziner mit nur 156 Nm im Alltag spritziger zu fahren ist. Wie das ganze Auto, ist der Diesel mit einem Norm-Verbrauch von nur 4,4 l/100 km von der vernünftigen Sorte. In der Automobilwelt ist vernünftig häufig mit langweilig gleichzusetzen.

Suzuki SX4 S-Cross
Das Interieur ist übersichtlich und funktional. Die Verarbeitung lässt aber zu wünschen übrig. (im Bild ohne Multimediasystem)

Ist der Suzuki also ein Langweiler? Ich hatte ehrlich gesagt damit gerechnet. Doch ich muss dem Japaner doch ein gewisses fahrdynamisches Können attestieren. Er ist zwar nicht sportlich, aber die Lenkung und vor allem das Getriebe haben mich dann doch überrascht. Während die Lenkung um die Mittellage etwas diffus ist, vermittelt sie einem bei Kurvenfahrt ein gutes Gefühl und ist präzise. Das Getriebe ist – typisch für Japaner – mit kurzen Schaltwegen und leichtem Widerstand hervorragend zu schalten. Das Fahrwerk schlägt sich in Kurven gut, hält den S-Cross stabil und verhindert ausgeprägte Seitenneigung. Es federt allerdings ziemlich hölzern und rumpelig, eine Sänfte ist der S-Cross bei weitem nicht. Eine Sänfte für die Seele ist dafür der Verbrauch, denn im Test hat der S-Cross nur 5,5 l/100 km verlangt. Für einen Allradler ein guter Wert.

Suzuki SX4 S-Cross
Der Drive Select Schalter.

Mit dem Drive Select Schalter kann man die Gasannahme und die Stabilitätskontrolle beeinflussen. Es stehen die Modi Snow, Auto und Sport zur Verfügung. Man kann den Allradantrieb mit einer 50:50 Kraftverteilung auch erzwingen, allerdings nur bis zu einem gewissen Tempo. Ebenfalls eine coole Sache ist das Panoramaschiebedach. Es ist nicht nur gross, sondern es gibt eine riesige Öffnung frei, was viel Sonne, Licht und Luft ins Auto lässt. Nervig sind dann allerdings die sehr lauten Windgeräusche, womit man wieder bei der Verarbeitung ist. Einen guten Windabweiser hat sich Suzuki gespart. Aber auch wenn alle Fenster geschlossen sind, dringen bei Autobahntempo hin und wieder Windgeräusche durch die Dichtungen. Assistenzsysteme bietet der S-Cross keine.

Suzuki SX4 S-Cross
Das Platzangebot im Fond überzeugt.

Was mir am S-Cross gefällt ist, dass er trotz seines vernunftbetonten Charakters einer Passstrasse nicht abgeneigt ist. Er lässt sich zwar nicht sportlich, aber präzise fahren und man wird garantiert nicht zum Verkehrshindernis. Dass das Fahrwerk etwas trocken federt, sei ihm da verziehen. Was aber gar nicht geht, ist die lasche Verarbeitung und die einfachen Materialien kombiniert mit einem Preis von 35’180 Franken für die Top-Version. Es gibt noch das Sergio Cellano Sondermodell, womöglich stimmt dort das Ambiente. Aber die standard Variante ist einfach zu teuer, um soviel knarzendes Hartplastik und störende Windgeräusche zu rechtfertigen. Dass für den Preis keine Assistenzsysteme angeboten werden, ist zwar zu verschmerzen, Suzuki muss aber schauen, dass der Anschluss nicht verloren geht. Denn als Basis ist der SX4 S-Cross ein gutes Auto, das den Nerv der Zeit trifft. Aber an der Verarbeitungsqualität muss wirklich erheblich gearbeitet werden.

Alltag 4.5 out of 5 stars

Für seine kompakte Grösse bietet der S-Cross viel Platz. Sowohl der Fond, als auch der Kofferraum sind für seine Klasse überdurchschnittlich gross. Zudem ist er handlich und dank Allradantrieb auch im Winter und abseits befestigter Strassen eine gute Wahl. Leider bietet er keine Assistenzsysteme für die Hilfe im Alltag an.

Fahrdynamik 3 out of 5 stars

Der Japaner ist nicht sportlich oder knackig, aber er bietet eine ausreichend präzise Lenkung und ein knackiges Getriebe. Dank 320 Nm Drehmoment kommt man auch angemessen voran.

Umwelt 4.5 out of 5 stars

Der Suzuki ist kein Sparwunder, aber doch genügsam. Für einen Crossover mit Allradantrieb ist ein Verbrauch von 5,5 l/100 km ein sehr guter Wert, eine Start-Stopp-Automatik ist ebenfalls an Bord.

Ausstrahlung 2.5 out of 5 stars

Aufregend, auffällig oder emotional ist anders, der S-Cross geht in der Masse unter. Er wirkt von vorne noch modern, das Heck jedoch ist lieblos designt und scheint bereits veraltet.

Fazit 3.5 out of 5 stars

+ Grosszügiges Platzangebot
+ Tiefer Verbrauch
+ Knackiges Getriebe
+ Präzise Lenkung
+ Intuitives Multimediasystem mit guter Sprachsteuerung

– Rauer Motor
– Teils schlechte Verarbeitungsqualität
– Mässig gutes Preis-/Leistungsverhältnis
– Lieblos gestaltetes Heck
– Keine Assistenzsysteme verfügbar

Steckbrief

Marke / ModellSuzuki SX4 S-Cross
Preis Basis­modell / Testwagen21'990 CHF / 35'180 CHF
AntriebDiesel, Allrad
Hubraum / Zylinder1598 ccm / R4
Getriebe6-Gang manuell
Max. Leistung88 kW bei 3750 r/min
Max. Drehmoment320 Nm bei 1750 r/min
Beschleu­nigung 0–100 km/h13,0 s
Vmax175 km/h
NEFZ-Verbrauch / CO2 Emissionen / Energieeffizienz4,4 l/100 km / 114 g/km / A
Test-Verbrauch / CO2 Emissionen / Differenz5,5 l/100 km / 143 g/km / +25%
Länge / Breite / Höhe4,30 m / 1,77 m / 1,58 m
Leergewicht1380 kg
Koffer­raum­volumen430 - 1269 l

(Bilder: Suzuki)

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