Das Design eines Autos ist erwiesenermassen Kaufgrund Nummer 1 – natürlich im persönlichen Budgetrahmen. Um sich im boomenden Segment der Kompakt-SUVs also abzuheben, hat sich Toyota mit dem extravagant gestylten C-HR so richtig etwas getraut. Bereits Generation eins sah aus, wie ein aus dem Designstudio entflohenes Konzeptauto und der Nachfolger setzt exakt auf dasselbe Rezept. Der Schuss hätte böse nach hinten losgehen können, doch die Klientel goutierte das mutige Design und somit steht heute ein Kompakt-SUV auf der Strasse, welches an Einzigartigkeit kaum zu überbieten ist.
Ich würde nicht sagen, dass die Neuauflage wilder oder extremer als der Vorgänger ist, das ist auch kaum möglich. Er ist anders, weiterentwickelt. Die keilförmige Grundform mit schmalen Scheiben ist geblieben, jetzt haben die Japaner die Türgriffe mit der Karosserie verschmolzen, die Lichter überall schmaler gemacht und auf Wunsch sogar eine Bi-Color-Lackierung ins Programm aufgenommen. Die Dachlinie und die C-Säule haben die Japaner noch sportlicher gestaltet, dafür ist der gigantische Dachspoiler vom Vorgänger jetzt dezenter ausgefallen. Trotz extravagantem Design ist der Auftritt in sich stimmig, der Wagen wirkt nicht überzeichnet. Dennoch kann man mit dem C-HR zu einem räsonabeln Preis ein Design-Statement setzen.
Weniger Pfiff im Cockpit
Das coole Design von aussen hat es jedoch leider nur teilweise ins Cockpit geschafft. Zwar zieht sich der Schwung der Türen bis ins Armaturenbrett und das Cockpit ist asymmetrisch gezeichnet. Das Hauptproblem ist meines Erachtens aber, dass das Cockpit eine einzige, schwarze Höhle ist. Alles ist Schwarz: Sitze, Türen, Armaturenbrett, Dach, Zierelemente. «No more boring cars» versprach der ehemalige Firmen-Boss und heute Verwaltungsratschef Akyo Toyoda. Toyota ist diesbezüglich auf einem sehr guten Weg, aber etwas mehr Farben oder helle Akzente im Cockpit würden nicht schaden.
Letztendlich ist Design jedoch immer Geschmackssache. Deutlich objektiver sind jedoch andere Punkte. Zum einen: Die Sitzposition ist zu hoch für grosse Personen. Das ist gleich doppelt schade, weil die sportlich geschnittenen Sitze ansonsten Komfort und Seitenhalt super kombinieren. Ebenfalls etwas liebevoller dürfte hier und da die Verarbeitungsqualität sein. Störgeräusche verursacht zwar nichts, aber wenn man die Hand wandern lässt, stösst man auf Stellen, die sich eher nach Dacia als nach Toyota anfühlen. Ebenfalls harte Fakten sind das Platzangebot und das Raumgefühl. Tatsächlich sitzt es sich grundsätzlich auch im Fond ganz ordentlich, es fühlt sich aufgrund der winzigen Fenster einfach an wie eine Höhle in der zweiten Reihe.
Was mich bei Toyota auch immer wieder verwundert ist, warum die ansonsten so technikverliebten Japaner ein eher konservatives Infotainmentsystem verbauen. An und für sich ist das gesamte System solide, auch die Sprachsteuerung – aber halt auch nicht mehr. Dabei zeigen derzeit insbesondere die chinesischen Hersteller, wie ein flüssiges, vielseitiges und online-basiertes Infotainmentsystem aussehen könnte.
Perfektionierter Hybridantrieb
Mittlerweile bietet Toyota den C-HR auch als Plug-in-Hybrid an, doch der getestet Vollhybrid ist die einzige Variante, die Allradantrieb offeriert und sich somit im Segment der kompakten Crossover auch von den meisten Konkurrenten abhebt. Zum Hybridantrieb von Toyota gibt es mittlerweile eigentlich nicht mehr viel zu sagen, denn er ist von den Japanern über Jahrzehnte perfektioniert worden. Das früher nervige CVT-Getriebe wurde ebenfalls stark entschärft, nur wer mit Dauer-Vollgas beschleunigt, erntet das mühsame Gejaule des Motors. In den meisten Fahrsituationen ist der Antrieb aber deutlich leiser und kultivierter als mit einem konventionellen Getriebe.
Im abwechslungsreich gefahrenen Test wurde ein Verbrauch von 6,3 l/100 km ermittelt. Potenzial für einen Mixverbrauch von unter sechs Litern ist definitiv vorhanden, was für ein nicht gerade leichtes Allrad-Auto ein vorbildlicher Wert ist – zumal der Wagen nicht komplett auf Öko gebürstet ist, wie es früher bei Hybrid-Modellen von Toyota gerne der Fall war.
Sportlicher Touch
Die Systemleistung im C-HR beträgt 145 kW, womit der Japaner anständig motorisiert ist. Die im Vergleich zu früher höhere Motorleistung trägt auch dazu bei, dass der Benziner weniger oft stark gefordert wird und somit die Geräuschkulisse insgesamt ruhiger ist. Ebenfalls zu erwähnen ist, dass der ausschliesslich für Europa entwickelte C-HR über ein knackiges Handling verfügt. Das Fahrwerk ist klar auf der straffen Seite, was in Verbindung mit den montierten hochwertigen, Nicht-Eco-Reifen für ein verbindliches Handling mit hoher Präzision sorgt. Auch die Bremse gefällt mit klarem Druckpunkt und ordentlichem Widerstand, trotz dauernder Rekuperation. Ein Kracher für die Bergstrasse ist der C-HR zwar noch lange nicht, aber die Kombination aus ausgereiftem Hybridantrieb mit genügend Leistung sowie das sportliche Handling gefallen.
Gutes Gesamtpaket, fragwürdige Assistenz
Unter dem Strich liefert der C-HR mit dem sparsamen und ausgereiften Hybridstrang mit Allradantrieb ein sehr positives Bild ab. Der Japaner fällt nicht nur optisch auf, sondern bietet sowohl mit dem Antrieb als Vollhybrid und Allradantrieb zwei Merkmale, die sich in dieser Klasse nicht oft finden. Leider haben aber einmal mehr bei einem neuen Auto die Assistenzsysteme einen faden Beigeschmack hinterlassen. Sowohl der penetrante Spurhalteassistent als auch der von Gesetzes wegen penetrante ISA müssen mühsam in Untermenüs des Bordcomputers deaktiviert werden. Auch der Notbremsassistent hat trotz der am wenigsten sensiblen Einstellung im Test mehr als nur einmal einen unnötigen Fehlalarm produziert. Schade, denn auch preislich ist der C-HR mit 52’690 Franken für heutige Verhältnisse eine interessante Alternative.
Alltag
Der Toyota C-HR bietet für seine Grösse durchschnittliche Platzverhältnisse, dafür eine gute Handlichkeit. Im Fond wirkt es aufgrund der kleinen Fenster sehr düster, ausserdem behindern die kleinen Fenster zusätzlich die Übersicht.
Fahrdynamik
Das Handling ist mit leichtgängiger, aber präziser Lenkung sowie eher straffem Fahrwerk auf der sportlicheren Seite. Der Antrieb ist ausreichend stark, um auch mal zügiger unterwegs zu sein, ab rund 80 km/h lässt jedoch der Durchzug spürbar nach.
Umwelt
Der Hybridantrieb von Toyota weiss in dieser Disziplin schon seit jeher zu überzeugen. Selbst im Mix mit sportlichen Passagen und längeren Autobahn-Etappen liegt der Testverbrauch bei 6,3 l/100 km. Für ein Allrad-Crossover ein guter Wert.
Ausstrahlung
Das Design muss man mögen, aber mangelnde Extravaganz oder Eigenständigkeit kann man dem C-HR sicher nicht vorwerfen. Trotz mutigen Linien wirkt alles in sich stimmig.
Fazit
+ Einzigartiges Design
+ Bequeme Sitze mit gutem Seitenhalt
+ Meistens sehr laufruhiger und geschmeidiger Antrieb
+ Tiefer Verbrauch
+ Sportliches Handling
+ Bremse mit gutem Druckpunkt trotz Rekuperation
+ Deutliche Spreizung der Fahrmodi
+ Sehr effektives Matrix-Licht
+ Üppige Ausstattung
+ Fairer Preis
– Sitzposition zu hoch
– Teilweise eher langsames Infotainmentsystem, Sprachsteuerung durchschnittlich
– Schlechte Übersicht
– Teilweise übervorsichtige Assistenzsysteme
Mängel am Testwagen
– Keine Mängel
Steckbrief
Marke / Modell | Toyota C-HR |
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Preis Basismodell / Motorisierung / Testwagen | 36 900 CHF / 43 900 CHF / 52 690 CHF |
Antrieb | Benzin-Hybrid, Allradantrieb |
Hubraum / Zylinder | 1986 ccm / R4 |
Motoranordnung / Motorkonzept | Frontmotor / Saugmotor + Elektromotor |
Getriebe | Stufenloses Automatikgetriebe |
Max. Systemleistung | 145 kW |
Max. Systemdrehmoment | 206 Nm |
Beschleunigung 0–100 km/h | 7,9 s |
Vmax | 180 km/h (elektronisch abgeregelt) |
WLTP-Verbrauch / CO2 Emissionen / Energieeffizienz | 5,1 l/100 km / 116 g/km / C |
Test-Verbrauch / CO2 Emissionen / Differenz | 6,3 l/100 km / 143 g/km / +24% |
Länge / Breite / Höhe | 4,36 m / 1,83 m / 1,56 m |
Leergewicht | 1646 kg |
Kofferraumvolumen | 443 - 1155 l |