Es gibt Legenden in der Autowelt, die durch Höchstleistungen im Motorsport berühmt wurden. Andere, weil berühmte Personen die Autos fuhren. Und dann gibt es den Toyota Corolla, der das weltweit meistverkaufte Auto ist. Über 46 Million Autos hat Toyota seit 1966 gebaut! In Europa lief der Bestseller die letzten beiden Generationen unter dem Namen Auris und nein, niemand muss verstehen, warum a) ein so bedeutender Name geändert wird und warum man b) erst nach 12 Jahren merkt, dass der ursprüngliche Name doch besser zu vermarkten ist. Was im Endeffekt jedoch zählt, ist, dass der neue Corolla um Welten besser ist als noch sein Vorgänger Auris!
Obwohl Design ein sehr subjektiver Punkt ist, wage ich zu behaupten, dass der Neue deutlich besser ankommt. Das zerklüftete Design des Vorgängers ist passé, dafür wirkt der neue Corolla jetzt geglättet, kurvig und frech. Die Proportionen sind deutlich sportlicher und das optional in Schwarz gehaltene Dach senkt das Auto optisch noch weiter ab. Die gezackten Lichter runden den sportlichen, modernen Touch ab – und leider setzt auch der Corolla auf die zur Zeit so modischen Fake-Auspuffblenden.
Hübsche Aufmachung im Cockpit
Im Interieur hat sich ebenfalls viel getan. Die Zeiten, in denen Toyota viel zu viele verschiedene Materialien in wilden Formen miteinander kombinierte, sind vorbei. Stattdessen besticht das dezent geschwungene Cockpit mit einer überaus wertigen Anmutung und einer sauberen Verarbeitung. Schalter sind nur noch wenige übrig und auch die Ergonomie ist perfekt gelungen.
Nicht ganz so sauber ist die Darstellung des Touchscreens. Nicht nur, dass das Navi ziemlich träge reagiert, auch die Auflösung ist für heutige Massstäbe nicht mehr zeitgemäss – obwohl der Corolla ein brandneues Auto ist. Eher im Mittelfeld bewegt sich der Japaner puncto Platzverhältnisse. Besonders geräumig ist der Fond nicht, während der Kofferraum sogar eher knapp bemessen ist. Doch am Platz soll es nicht scheitern, schliesslich bietet Toyota den Corolla auch als deutlich geräumigeren Kombi an.
Endlich mit Pfupf
Ich erwähnte, dass der neue Corolla um Welten besser ist als sein Vorgänger. Nun, er ist mit Abstand der am angenehmste zu fahrende Hybrid überhaupt von Toyota! Grund dafür ist das komplett neue, 2,0-Liter Hybridsystem mit 132 kW. Damit ist erstmals ein Toyota-Hybrid anständig motorisiert, was zur Folge hat, dass die Drehzahlen trotz stufenlosem Getriebe nicht bei der geringsten Steigung am Begrenzer kleben. Wer das Gaspedal voll durchdrückt, bekommt logischerweise das übliche Heulen zu hören, doch dank verbesserter Geräuschdämmung ist sogar das für kurze Zeit erträglich.
Durch das deutliche Plus an Leistung wirkt der Corolla nicht nur dank des niedrigeren Geräuschpegels viel souveräner. Im Alltag und auch bei zügigerem Fahrstil ist der Boost des Elektromotors deutlich spürbar und der Verbrenner liefert bereits im mittleren Drehzahlbereich ausreichend Kraft. In Zeiten, in denen immer mehr Autos unter einer ausgeprägten Anfahrschwäche leiden, ist der Corolla mit seinem zackigem Anfahrverhalten eine richtige Wohltat!
Ausgewogenes Handling
Neu ist auch, dass der kompakte Hybrid eine grosse Spreizung an Fahrmodi bietet. Nach wie vor ist via Knopfdruck rein elektrisches Fahren möglich, was aber nur in Parkhäusern oder 30er-Zonen Sinn macht, ansonsten ist der Akku ruckzuck leer. Zusätzlich kann man aber Fahrmodi von Comfort bis hin zu Sport Plus anwählen. Während der Comfort Modus mit sanftem Nachschwingen perfekt für die Autobahn geeignet ist, ist der Corolla im Sport Plus Modus fast ein komplett anderes Auto. Während das Fahrwerk dann kaum noch Wankbewegungen zulässt, ist es die leicht synthetische Lenkung, die das sportliche Fahrgefühl etwas trübt. Verglichen mit dem Vorgänger ist die Fahrdynamik aber dennoch auf einem viel höheren Niveau!
Viel Hightech an Bord
Nebst dem Antrieb hat der Japaner noch weitere Technik-Highlights an Bord. So ist der Corolla in der Lage, auf der Autobahn semi-autonom zu fahren und in der Stadt selbstständig zu parkieren. Nachts blendet er andere Autos mit dem Matrix-LED-Licht feinfühlig aus. Während letztgenannte Systeme nur den höheren Ausstattungslinien vorbehalten sind, sind die standardmässigen Assistenzsysteme wie etwa der Notbremsassistent dadurch positiv aufgefallen, dass es nie zu einem Fehlalarm gekommen ist.
Der Einzige seiner Klasse
Da die Konkurrenz mittlerweile nebst den klassischen Verbrennern auf Plug-in-Hybride oder reine Elektroautos setzt, besitzt der Corolla mit seinem Vollhybrid-Antrieb ein Alleinstellungsmerkmal. Der Test hat ausserdem gezeigt, dass selbst ein hoher Autobahnanteil sowie hin und wieder sportliche Fahrten den Verbrauch nicht stark ansteigen lassen: 5,7 l/100 km sind ein vorbildlicher Wert.
Dafür ist der Anschaffungspreis nicht so günstig. Der praktisch voll ausgestattete Testwagen liegt bei 44’900 Franken, was kein Schnäppchen ist, für dieses Geld bieten andere Hersteller bereits Hot Hatches an. Fairerweise muss man aber sagen, dass der Corolla aus technischer Sicht viel Auto fürs Geld bietet und nicht nur günstiger als vergleichbare Plug-in-Hybride ist, sondern sich viel unabhängiger fährt, da er nie an die Steckdose muss.
Alltag
Der Hybridantrieb schränkt den Kofferraum leicht ein, ansonsten bietet der Corolla die durchschnittlichen Platzverhältnisse eines Kompaktwagens. Erfreulich sind das fixe Ansprechverhalten sowie der kompakte Wendekreis.
Fahrdynamik
Im Sport Plus Modus fährt sich der Corolla sehr agil und mit geringen Wankbewegungen, allerdings fehlt es der Lenkung an Gefühl. Die virtuellen Schaltstufen des CVT-Getriebes mildern das Aufheulen bei starker Beschleunigung kaum und sind nicht mal ansatzweise ein würdiger Ersatz eines klassischen Getriebes.
Umwelt
5,7 l/100 km hatte ich als Realverbrauch schon lange nicht mehr. Wer ausserdem weniger Autobahn fährt als ich und den Vorteil des Hybridantriebs somit besser ausnutzt, dürfte einen Verbrauch von unter fünf Litern erzielen.
Ausstrahlung
Das moderne, sportliche Design ist sehr gefällig und auf den europäischen Geschmack abgestimmt.
Fazit
+ Stylisches und sportliches Design
+ Hochwertiges Cockpit mit perfekter Ergonomie
+ Sportlich geformte Sitze mit tiefer Sitzposition
+ Sehr zackiges Anfahrverhalten
+ Tiefe Geräuschkulisse im Innenraum bei gleichmässiger Fahrt
+ Viele Fahrmodi mit deutlicher Spreizung
+ Hoher Federungskomfort
+ Geringe Seitenneigung im Sport Plus Modus
+ Matrix-LED-Licht
+ Zahlreiche zuverlässige Assistenzsysteme verfügbar
– Virtuelle Schaltstufen nützen kaum etwas
– Lenkung bietet zu wenig Rückmeldung
– Kofferraumvolumen leicht eingeschränkt
– Bei starker Beschleunigung nach wie vor aufdringliches Geheule
– Teilweise träge reagierendes Navi, Auflösung nicht mehr zeitgemäss
Mängel am Testwagen
– Keine Mängel
Steckbrief
Marke / Modell | Toyota Corolla Hybrid |
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Preis Basismodell / Motorisierung / Testwagen | 31 000 CHF / 38 200 CHF / 44 900 CHF |
Antrieb | Benzin-Hybrid, Frontantrieb |
Hubraum / Zylinder | 1987 ccm / R4 |
Motoranordnung / Motorkonzept | Frontmotor / Saugmotor + Elektromotor |
Getriebe | Stufenloses Automatikgetriebe |
Max. Systemleistung | 132 kW |
Max Drehmoment Benziner / E-Motor | 192 Nm / 202 Nm |
Beschleunigung 0–100 km/h | 7,9 s |
Vmax | 180 km/h |
NEFZ-Verbrauch / CO2 Emissionen / Energieeffizienz | 3,9 l/100 km / 89 g/km / A |
Test-Verbrauch / CO2 Emissionen / Differenz | 5,7 l/100 km / 130 g/km / +46% |
Länge / Breite / Höhe | 4,37 m / 1,79 m / 1,43 m |
Leergewicht | 1554 kg |
Kofferraumvolumen | 313 - 1024 l |
Bilder: Koray Adigüzel
Wie ist die 1.8l Variante mit 122 PS im Vergleich mit diesem Modell? Sind Anfahrverhalten und Passfahrten Gewohnheitssache oder einfach lästig (im Vergleich miteinander)?
Hallo, leider kann ich dazu keine Auskunft geben, da ich die schwächere Variante mit 122 PS nicht gefahren bin.