Ausgerechnet Hybrid-Pionier Toyota mausert sich langsam, aber sicher in die Herzen der Petrolheads. Ja, es gibt noch italienische Supersportwagen als reine Verbrenner und auch BMW M hält am reinen Verbrenner und sogar der Handschaltung fest. Aber während die zwei genannten «Alternativen» preislich zwischen sehr teuer und astronomisch teuer liegen, ist der GR86 für die breite Masse erschwinglich. Um dies zu ermöglichen, verzichtet Toyota auf so ziemlich jeden neumodischen Schnickschnack, nimmt das Erbe des GT86 auf, macht alles besser und somit schlussendlich alles richtig.
Das beginnt beim Design. Der GR86 ist ein schnörkellos gezeichnetes Coupé nach klassischen Proportionen. Das elegant-sportliche Design ist zeitlos und wird auch in zehn Jahren noch auf Anklang stossen. Besonders hübsch sind die markant gewölbt Haube, der geschwungene Seitenschweller sowie der kleine Entenbürzel und die grossen Endrohre. Ab Werk ist ausserdem noch ein Bodykit erhältlich, welches das Design schärft, jedoch nicht so wild ist wie das damalige Aerokit für den GT86.
Zweckmässiges Interieur
Toyota hat sich alle Mühe der Welt gegeben, den GR86 preislich so attraktiv wie möglich zu positionieren und das wird im Interieur deutlich. Aber zuerst das Positive: Der kleine Sportler verfügt über vorzügliche Sitze, bequem, mit tollem Seitenhalt und tief montiert. Die Ergonomie ist absolut vorbildlich. Ausserdem verfügt der Wagen für alles Wichtige einen physischen Knopf, was die Bedienung so gestaltet, wie sie sein sollte. Das «Infotainmentsystem» ist eigentlich kein solches, sondern mehr ein Touchscreen, der für Einstellungen, Radio und Audio Streaming zuständig ist. Ein eingebautes Navi hat der Japaner nicht, dafür unterstützt das System Android Auto und Apple Carplay.
Das gesamte Interieur besteht grundsätzlich aus schwarzen und silbernen Kunststoffen, mal mehr, mal weniger wertig. Ein paar Mikrofaser-Einsätze sorgen dafür, dass das Ambiente nicht zu sehr nach Land Cruiser aussieht. Keine schicken Materialien heisst aber nicht, dass der GR86 billig vermacht ist, denn egal wie sehr man das Auto bewegt, da knarzt absolut gar nichts. Das Cockpit selber ist zwar praktisch volldigital, aber sowas von oldschool designt, dass das ganze Auto vom Interieur her eher wie 2013 und nicht 2023 wirkt.
Allzeit bereit
Per Startknopf meldet sich das heisere Boxertriebwerk zum Dienst. Fahrmodi gibt es keine und vom Setup her ist der GR86 so abgestimmt, als sei er dauern im Sport-Modus. Der Motor reagiert extrem feinfühlig aufs Gas, wer keine Feinmotorik beweist, fährt mit rund 3500 Umdrehungen an. Dass es sich hier um einen Sportwagen handelt, macht auch das Getriebe deutlich. Die Gänge rasten so richtig ist und lassen sich schnell und aus dem Handgelenk heraus wechseln. Der Kupplungsweg ist kurz und auch diese erfordert etwas Fingerspitzen-, respektive Zehengefühl, ansonsten ruckelt es gerne mal beim Schalten.
In Ermangelung an Fahrmodi oder sonstigen Komfort-Features ist das Fahrgefühl denn auch eher ruppig. Wind- und Abrollgeräusche dringen deutlich ins Cockpit. Der Federungskomfort ist ebenfalls ziemlich dürftig, aber dafür ist das Auto quasi immer scharf gestellt. Justiert werden kann einzig das ESP. Folgende Modi stehen zur Verfügung: Alles eingeschaltet, Traktionskontrolle ausgeschaltet, ESP Track und alles ausgeschaltet, wobei letzteres wirklich alles abstellt und nicht im Hintergrund doch noch irgendwie dazwischenfunkt.
Mehr Nähe geht nicht
Dass der GR86 von den drei GR-Modellen das Günstigste ist und sogar den GR Yaris preislich unterbietet, heisst nicht, dass er das Schlechteste ist, ganz im Gegenteil. Ja, er mag längsdynamisch der Langsamste im Trio sein, aber seine Kraft ist immer noch mehr als ausreichend. Der Boxermotor hat untenrum ausreichend Schub für schnelles Beschleunigen und wird ab rund 4500 Umdrehungen deutlich wilder und erinnert an die guten, alten VTEC-Saugmotoren von Honda. Apropos Saugmotor: Das Ansprechverhalten ist grossartig, der Motor hat enorm Biss und reagiert extrem sensibel aufs Gaspedal.
Das ganz grosse Highlight des GR86 ist sein Handling. Auch hier: Er ist nicht der Schnellste in den Kurven, aber darum geht es hier gar nicht und wer danach sucht, ist hier an der völlig falschen Adresse. Es ist das Oldschool-Setup, gepaart mit hoher Stabilität und spielerischer Leichtigkeit, was den GR86 einzigartig macht. Ich würde nicht sagen, dass ein GR Supra mit reduziertem ESP Angst macht, aber es ist schon empfehlenswert, wenn man dann maximal konzentriert fährt. Der GR86 dagegen bittet förmlich um ein paar Tanzschritte.
Dabei verhält sich das Auto sehr partnerschaftlich. Entgegen manch anderen Reviews hängt der Wagen nämlich gar nicht in jeder Kurven das Heck raus, sondern fährt sich in erster Linie hecklastig, aber stabil. Doch einen Zacken zu früh ans Gas in der Kurve reicht, damit ein Powerslide ermöglicht wird. Aufgrund des Saugmotors gleitet das Heck sehr gutmütig nach aussen und im Track-Modus sorgt das ESP auch dafür, dass die Lage nicht zu brenzlig wird.
Der GR86 ist wie ein Exoskelett in Autoform, das Auto strotzt nur so von Feedback, sodass es sich wie ein zusätzliches Körperteil anfühlt. Es ist die sprichwörtliche Verschmelzung von Auto und Fahrer. Der GR86 ist näher am Fahrer als beispielsweise ein Supra. Der sehr breite Grenzbereich, die lineare Kraftverteilung des Saugers und die hervorragende Lenkung, die auch um die Mittellage sehr präzise ist, machen aus dem GR86 einen extrem einfach zu kontrollierenden Sportwagen.
Reine Fahrmaschine
Dieses Coupé ist fahrdynamisch richtig klassisch und doch so genial. Ein weiterer Beweis, dass pure Fahrfreude in keinster Weise von völlig geisteskranker Kraft, sondern in erster Linie von einem erstklassigen Fahrwerk abhängig ist. Lustigerweise ist ein Tot-Winkel-Warner an Bord, ausserdem sorgen eine Rückfahrkamera, Tempomat, ein Keyless-Go-System, sowie Voll-LED-Scheinwerfer mit adaptivem Kurvenlicht dafür, dass man sich doch in einem Auto dieses Jahrzehntes wähnt.
Ansonsten sind gängige Standards über Bord zu werfen: Es gibt keinen Regensensor, keinen automatisch abblendenden Innenspiegel und das Soundsystem ist bestenfalls eine UE Boom mit etwas mehr Lautstärke. Dafür kostet das Auto mit Komplettausstattung wie gezeigt 41’400 Franken, was in der heutigen Zeit für einen Verbrenner geschenkt ist. Das Auto ist günstig, doch es steckt trotzdem die geballte Expertise vom Gazoo Racing Team drin. Wie schon beim Vorgänger ist dieses Auto in Kooperation mit Subaru entstanden, sodass es noch das Schwestermodell BRZ gibt. Dieser ist gemäss anderen Berichten aber etwas weniger spitz und roh ausgelegt als der Toyota. Wer also einen erschwinglichen Sportwagen als Neuwagen mit maximaler Fahrspass-Garantie sucht, MUSS jetzt zuschlagen. Es wird keinen günstigeren oder besseren Zeitpunkt geben.
Alltag 
Wer nach Fahrkomfort sucht, ist hier fehl am Platz. Die hinteren Sitze sind für Personen (und Kinder!) absolut unbrauchbar, dafür sind die Rücksitze umlegbar, doch auch ohne das reicht der Platz für zwei Personen absolut aus, auch für längere Roadtrips. Ebenfalls hilfreich: Gute Übersicht, kompakte Abmessungen, kleiner Wendekreis.
Fahrdynamik 
Der GR86 ist geradeaus keine Rakete, doch der lineare schub ist kräftig genug und würde bereits für ordentlichen Fahrspass ausreichen. Wirklich grandios ist aber das spielerische und gutmütige, aber dennoch sehr präzise Handling.
Umwelt 
Der GR86 wurde im Test überhaupt nicht geschont, weshalb der Testverbrauch von 9,5 l/100 km eher als obere Grenze mit sehr sportlichem Fahrstil zu verstehen ist. Allerdings kann der Sauger insbesondere innerorts auch sehr niedertourig gefahren werden. Auf der Autobahn ist die Drehzahl mit fast 3500 Umdrehungen aber eher hoch.
Ausstrahlung 
Der GR86 ist ein klassisch designter Sportwagen in einem modernen, dezenten Blechkleid. Der Verzicht auf verspielte Designelemente wird dafür sorgen, dass dieses Auto auch nach Jahren noch erstklassig aussehen wird.
Fazit
+ Zeitloses, sportliches Design
+ Tiefe Sitzposition, bequeme Sitze mit starkem Seitenhalt
+ Ausreichende Platzverhältnisse für zwei Personen
+ LED-Licht mit adaptivem Kurvenlicht
+ Kaum Assistenzsysteme, die irgendwie piepsen oder blinken
+ Knackige Handschaltung mit kurzen Wegen
+ Grandioser Motor mit bissigem Ansprechverhalten und hoher Drehfreude
+ Bissige Bremse mit guter Dosierbarkeit
+ Erstklassiges Feedback vom Auto
+ Spielerisches Handling, Grip passt perfekt zur Leistung
+ ESP/Traktionskontrolle vierstufig deaktivierbar
+ Niedriges Gewicht
+ Hammer Preis
– Sehr plastiklastiges Interieur
– Dürftiger Motorsound
– Wenig Annehmlichkeiten und Komfort-Features
Mängel am Testwagen
– Keine Mängel
Steckbrief
| Marke / Modell | Toyota GR86 |
|---|---|
| Preis Basismodell / Testwagen | 38 900 CHF / 41 400 CHF |
| Antrieb | Benzin, Heckantrieb |
| Hubraum / Zylinder | 2387 ccm / B4 |
| Motoranordnung / Motorkonzept | Frontmotor / Saugmotor |
| Getriebe | 6-Gang manuell |
| Max. Leistung | 172 kW bei 7000 r/min |
| Max. Drehmoment | 250 Nm bei 3700 r/min |
| Beschleunigung 0 - 100 km/h | 6,3 s |
| Vmax | 226 km/h |
| WLTP-Verbrauch / CO2 Emissionen / Energieeffizienz | 8,8 l/100 km / 200 g/km / F |
| Test-Verbrauch / CO2 Emissionen / Differenz | 9,5 l/100 km / 216 g/km / +8% |
| Länge / Breite / Höhe | 4,27 m / 1,78 m / 1,31 m |
| Leergewicht | 1350 kg |
| Kofferraumvolumen | 276 l |
Bilder: Koray Adigüzel
