Toyota GR Supra MT: Ich fahre, also bin ich

Der Toyota Supra ist ein sensationelles Auto, wie ich bereits mit dem Automatikgetriebe feststellen durfte. Als Handschalter erfüllt dieses Auto alle Bedürfnisse von Petrolheads und noch weit darüber hinaus. Und dennoch bin ich wehmütig gestimmt. Erst kürzlich bin ich über einen englischen Artikel gestossen, der Autos auflistet, die uns noch dieses Jahr definitiv verlassen werden, darunter der legendäre Audi R8, aber auch der bezahlbare Knallfrosch Ford Fiesta ST. Es würde mich nicht wundern, wenn der Toyota Supra dieses Schicksal auch eher früher als später ereilt. Die Schuld einer solchen Entscheidung Toyota oder gar der Politik zuzuschieben wäre zwar verständlich, aber nicht ganz fair. Denn die eigentliche Schuld daran tragen wir alle!

Man kann sich Toyota gegenüber gar nicht tief genug verneigen. Plattformpartner BMW, seines Zeichens Inbegriff von Freude am Fahren, verzichtet nämlich auf eine Handschaltung beim Z4, während Gazoo Racing sich dieser Herausforderung stellte und in Eigenregie die Mittelkonsole umdesignte und eine knackige 6-Gang-Handschaltung mit dem aufgeladenen Reihensechser verbindet. Diese Kombination ist heute so selten wie nie. Zweitürer, Sechszylinder, Handschaltung, Heckantrieb – ein Traumrezept, das in Europa kaum noch erhältlich ist. Der BMW M4 geht zwar in die ähnliche Richtung, ist aber dennoch ein ganz anderes Auto als der Toyota Supra.

2022 Toyota Supra MT
Der Toyota Supra ist ein klassisches Sportcoupé, von denen es immer weniger gibt.

Herrlich eng

Der Supra ist zum Fahren da und nichts anderes und das wird bereits optisch überdeutlich. Das expressive Design ist nach wie vor unverändert. Mit seinen knackigen Proportionen ist der Wagen eine wahre Augenweide. Er wirkt breit, flach und muskulös. Der Handschalter ist an den 10-Speichen-Felgen sowie dem roten Supra-Schriftzug am Heck erkennbar. Auch der Innenraum ist abgesehen von der umgestalteten Mittelkonsole zugunsten einer optimalen Ergonomie unverändert.

2022 Toyota Supra MT
Roter Schriftzug bedeutet Handschalter.

Dass es sich hier nicht um einen GT, sondern einen knackigen Sportwagen handelt, verdeutlicht bereits das Innenraumkonzept. Man sitzt extrem tief, perfekt ins Auto integriert, aber auch ein bisschen eingepfercht. Bewegungsfreiheit gibt es nicht wirklich, das Auto ist eng und sitzt wie ein Massanzug. Dennoch ist der Sitzraum gross genug, dass auch grosse Personen über 1,90 Meter Platz finden. Der Schalthebel sitzt perfekt in der Hand, dafür ist der von BMW übernommene iDrive-Controller etwas ungünstig gelegen.

2022 Toyota Supra MT
Die Bedienung des Infotainments wurde zugunsten des Schalthebels umpositioniert. Man muss eben Prioritäten setzen.

Aber das System lässt sich ja auch problemlos per Touchscreen oder Sprache bedienen. Etwas Eigenständigkeit geht durch das BMW-System zwar verloren, aber, sorry Toyota, BMW hat Infotainment sowieso besser im Griff. Der Kofferraum wird durch eine Erhebung, in welcher auch zwei Subwoofer Platz finden, vom Fahrerraum getrennt und bietet für zwei Personen ausreichend Platz.

2022 Toyota Supra MT
Auch die 10-Speichen-Felgen sind dem Handschalter vorbehalten.

Kein Spaziergang

Die Frage nach der Alltagstauglichkeit erübrigt sich angesichts dieses Autos eigentlich. Trotzdem möchte man vielleicht auch mal normal irgendwo hinfahren, ohne jeden Regenwurm zu spüren, den man womöglich soeben überfahren hat. Diesbezüglich ist der Supra gnädig gestimmt. Im Normal-Modus federt er angenehmer und entspannter als ein wilder Hot Hatch ohne Adaptivfahrwerk. Ein gemütlicher Sonntagsausflug ist die Fahrt im Supra dennoch nicht. Die Kupplung sowie das Getriebe wollen mit ordentlich Kraft bedient werden. Zudem neigt der Wagen dazu, Spurrillen hinterherzufahren. Ausserdem sind die Abrollgeräusche der Reifen bei höherem Tempo sehr deutlich zu vernehmen.

2022 Toyota Supra MT
DIe Ergonomie ist vorbildlich. Auch grosse Personen finden in der Flunder ihre perfekte Sitzposition.

Auch das Thema Assistenzsysteme ist schnell abgehakt. Der Spurhalteassistent, den in so einem Auto ohnehin niemand will, lässt sich im Menü deaktivieren und das bleibt er auch bis zum Lebensende des Autos. Ebenfalls an Bord sind ein Notbremsassistent sowie Matrix-Licht. Fertig. Auf Annehmlichkeiten wie ein Abstandsradar, Tot-Winkel-Warner muss man hier verzichten, denn hier ist man am Steuer noch selber der Fahrer.

2022 Toyota Supra MT
Die Schaltung präsentiert sich knochig und hart, aber präzise.

Das Auto und du

Der Toyota Supra gibt einem alles an die Hand, was man für eine intensive Fahrt braucht. Die Lenkung ist direkt, aber nicht nervös und bietet herrliches Feedback von der Vorderachse. Der Popo befindet sich gefühlt zehn Zentimeter vor der Hinterachse und nimmt somit quasi auf direktestem Wege sämtliche Informationen über selbige wahr. Das Getriebe selber ist so, wie man es von japanischen Autos erwartet: Mit kurzen und klaren Wegen, kurzem Schaltstummel und einer ordentlichen Portion Widerstand. Der Schalthebel will mit einer Hand, die weiss, was sie will, geführt werden. Dafür rasten die Gänge schön ein, ein Gefühl, welches zunehmend in Vergessenheit gerät.

2022 Toyota Supra MT
Das Cockpit wird vom Drehzahlmesser dominiert. Individualisierung ist hier nicht.

Zeit für den Sport-Modus, der individualisiert werden kann. Der Motor reagiert spontaner, das Fahrwerk strafft sich, die Lenkung verhärtet sich. Letzteres erachte ich als unnötig und habe ich deshalb deaktiviert. Das ESP wird mit kurzem Tastendruck ebenfalls in den Sport-Modus befördert, ein langer Tastendruck schaltet es zu 100 % komplett aus. Der Motorsound wird ebenfalls voluminöser, ein schöner Klang mit zartem Blubbern im Schubbetrieb. Für heutige Verhältnisse ein Gedicht, aber mit einer Anlage eines Tuning-Anbieters sind diesem Motor göttliche Klänge zu entlocken.

2022 Toyota Supra MT
Der Sound ist sehr in Ordnung – aber da geht mehr.

Göttlich auch ab Serie ist das Fahrverhalten. Der Reihensechser ist und bleibt ein famoser Motor. Praktisch frei von jeglichem Turboloch schiebt er über den gesamten Drehzahlbereich mächtig an und verliert erst zuoberst leicht an Druck. Die Getriebeübersetzung ist zum Glück auch nicht zu lang gewählt, der zweite Gang reicht bis rund 90 km/h, das Schalten wird durch automatisches Zwischengas unterstützt. Die Bremse reagiert sehr feinfühlig und lässt sich perfekt dosieren, bei Bedarf lässt sie sich aber auch von wiederholtem harten Anbremsen vor Kurven nicht beeindrucken.

2022 Toyota Supra MT
Nicht die Power ist der Kern der Fahrfreude, sondern das Handling.

Präzises Handling

Der Supra lenkt extrem willig und agil ein, manches Auto schafft dieses Einlenkverhalten nur mit Hinterachslenkung, beim Supra wirkt es ganz natürlich. Das elektronisch geregelte Sperrdifferential sorgt für die richtige Kraftverteilung in der Kurve und das Auto wird herrlich kräftig aus der Kurve gedrückt. Wie bereits erwähnt, spürt man bei forcierter Fahrt förmlich, wie die Hinterachse arbeitet.

2022 Toyota Supra MT
Das Feedback des Autos ist fantastisch. Nichtsdestotrotz bedarf es etwas an Feingefühl, um mit dem Auto schnell und präzise unterwegs zu sein.

Entgegen mancher Vermutungen ist der Supra kein Drift-Monster, sondern Grip und Motorleistung halten sich schön im Gleichgewicht, sodass man auch bei sehr sportlicher Fahrt höchstens den einen oder anderen sanften Powerslide korrigieren muss. Wer quer fahren will, kann das mit komplett deaktiviertem ESP natürlich auch, aber grundsätzlich ist der Supra ein fein ausbalancierter Sportwagen, der mit messerscharfem Handling und hoher Präzision überzeugt.

2022 Toyota Supra MT
Das ESP lässt sich für maximale Kontrolle zweistufig deaktivieren.

Attraktiver Preis

Der Testwagen ist eine spezielle Edition, die in Matt-Weiss und braunem Interieur optische Akzente setzt. Sie ist auf der Toyota-Webseite nicht mehr gelistet, weshalb man auf die spezielle Farbkombination verzichten muss. Überhaupt ist Individualisierung kein Thema, es gibt das Interieur in Schwarz und es gibt genau einen Satz Felgen, Punkt. Dafür ist der Preis bei diesem Auto genauso heiss wie das Auto selber. Der noch viel emotionalere und «direktere» Handschalter ist 3000 Franken günstiger als die Automatikvariante und ist bereits ab 64’900 Franken erhältlich, mit Vollausstattung und Wunsch-Lackierung sind es dann 71’000 Franken. Der Automatik-Testwagen vor drei Jahren kostete noch 79’900 Franken.

2022 Toyota Supra MT
Das schicke Interieur in Braun ist dem Sondermodell vorbehalten und kann nicht einfach so bestellt werden.

Während also gefühlt alle Autos teurer werden, macht Toyota den Supra erschwinglicher. Mit diesem Preis ist der manuell geschaltete Supra eigentlich ein Geburtstags- und Weihnachtsgeschenk an alle Petrolheads da draussen. Also rennt Toyota die Bude ein und holt euch dieses Auto, damit es möglichst lange gebaut wird! Einen weiteren Nachfolger wird es bestimmt nicht mehr geben und darauf warten, dass die Konkurrenz etwas Besseres bringen wird, erscheint mir ebenfalls aussichtslos. Aber das Auto nicht kaufen und dann jammern, wenn es eingestellt wird, ist heuchlerisch.

2022 Toyota Supra MT
Trotz BMW-Herz verfügt der Toyota Supra über ganz viel eigenen Charakter und Charisma.

Alltag 3 out of 5 stars

Es ist nicht die Aufgabe vom Supra, den Alltagsheld zu spielen. Aber mit ausreichender Bodenfreiheit, grossem Kofferraum für zwei Personen und genügend Ablageflächen sind Reisen und Alltagsbedürfnisse mit dem Supra problemlos zu bewältigen.

Fahrdynamik 5 out of 5 stars

Den kräftigen Motor mit der Handschaltung direkt zu dirigieren, ist ein Traum. Das Auto ist sehr agil, reagiert auf kleinste Inputs und gibt authentisches Feedback. Highlights sind die Handschaltung mit den kurzen Wegen, das sehr sensible Bremspedal sowie die Sitzposition direkt vor der Hinterachse.

Umwelt 3 out of 5 stars

Im Testschnitt verbrauchte der Supra 9,6 l/100 km. Das ist nicht extrem viel, aber auch nicht gerade wenig. Grundsätzlich lässt sich der Motor bei sanftem Fahrstil aber mit rund 8 Litern fahren.

Ausstrahlung 5 out of 5 stars

Der Supra ist ein Sportwagen wie aus dem Bilderbuch. Er ist optisch eigenständig und wirkt sehr sportlich, ohne protzig oder aggressiv zu wirken. Die Anzahl an angedeuteten Fake-Lüftungen dürfte jedoch etwas geringer sein.

Fazit 5 out of 5 stars

+ Eigenständiges sportliches Design mit klasse Proportionen
+ Sehr tiefe Sitzposition, top Ergonomie, fester Seitenhalt
+ Klasse Infotainmentsystem mit super Sprachsteuerung, top Display und einfacher Bedienbarkeit (von BMW)
+ Ausreichender Kofferraum für zwei Personen
+ Ausreichender Fahrkomfort
+ Sehr starker Schub im mittleren Drehzahlbereich, erstklassiges Ansprechverhalten
+ Knackige Handschaltung mit kurzen Wegen
+ Direkte Lenkung, williges Einlenkverhalten
+ Bissige Bremse mit guter Dosierbarkeit
+ Lebendiges, aber gutmütiges Heck, viel Feedback vom Auto
+ Matrix-LED-Licht
+ Umfangreiche Ausstattung
+ Fairer Preis


– Viele gefakte Design-Elemente
– Motor verliert bei hohen Drehzahlen an Druck

Mängel am Testwagen

– Keine Mängel

Steckbrief

Marke / ModellToyota GR Supra
Preis Basismodell / Testwagen64 900 CHF / 71 000 CHF
AntriebBenzin, Heckantrieb
Hubraum / Zylinder 2998 ccm / R6
Motoranordnung / Motorkonzept Frontmotor / Turbomotor
Getriebe6-Gang manuell
Max. Leistung250 kW bei 5000 - 6500 r/min
Max. Drehmoment500 Nm bei 1600 - 4500 r/min
Beschleunigung 0 - 100 km/h4,6 s
Vmax250 km/h (elektronisch abgeregelt)
WLTP-Verbrauch / CO2 Emissionen / Energieeffizienz8,8 l/100 km / 198 g/km / F
Test-Verbrauch / CO2 Emissionen / Differenz9,6 l/100 km / 216 g/km / +9%
Länge / Breite / Höhe4,38 m / 1,85 m / 1,29 m
Leergewicht1583 kg
Kofferraumvolumen290 l

Bilder: Vesa Eskola

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