Das Flaggschiff-Modell der Schweden hat ein Facelift erfahren. Das ist insofern zu betonen, da die optischen Unterschiede extrem marginal sind. Etwas mehr hat sich unter der Haube getan, da sämtliche Verbrenner nun ausschliesslich als Mild-Hybrid-Varianten erhältlich sind. Am Charakter des Autos ändert das freilich nichts. Der grosse XC90 bleibt ein Gleiter par Excellence, der seine Ruhe auf die Fahrer und die Insassen überträgt. Bringt der überarbeitete Antrieb die erhoffte Einsparung?
Um das neue Modell zu erkennen, muss man ausgewiesener Volvo-Experte sein. Ein neuer Kühlergrill verstärkt die optische Präsenz und die Eleganz. Überarbeitete Heckleuchten, neue Aussenfarben und Felgen runden das Paket ab. Das ist sehr wenig Aufwand, allerdings war er auch nicht nötig. Das grundsätzlich schon fünf Jahre alte SUV wirkt immer noch top aktuell, da hat Volvo mit seiner aktuellen Designsprache ein gutes Händchen bewiesen.

Schöner Fahren
Auch bei der Interieur-Gestaltung macht den Schweden so schnell keiner was vor. Die schwedischen Echtholz-Einlagen verleihen dem exzellent verarbeiteten Interieur ein wohnliches Ambiente. Weiches Leder, versehen mit kleinen schwedischen Flaggen sowie Aluminium-Abdeckungen der Lautsprecher runden das Bild ab. Apropos Lautsprecher: Die optionale Bowers & Wilkins Hifi-Anlage gehört nach wie vor zu den Besten überhaupt und brilliert mit sattem Surround-Sound, kräftigen Bässen, einer Brillianz bei hohen Tönen und weitreichendem Feintuning!

Die zweite Stärke des Volvo XC90 ist sein grandioses Platzangebot. Er ist zwar gross, aber nicht riesig. Sein Plus an Platz im Vergleich zu Konkurrenten aus Deutschland holt er aus der kürzeren Schnauze, da vorne bei Volvo nur ein Vierzylinder Platz haben muss. Das führt dazu, dass soger drei Erwachsene im Fond auf der verschiebbaren Rückbank mit verstellbaren Lehnen bequem Platz nehmen können. Optional gibt es sogar noch zwei weitere Sitze für Kinder und wer die nicht benötigt, freut sich über einen gigantischen Kofferraum, der auch für sperrige Gegenstände bestens geeignet ist.

Boost, wenn man ihn braucht
Unter der Haube schlummern wie erwähnt nur Vierzylinder-Aggregate, im Falle des Testwagens ein Benziner mit 194 kW. Gestartet wird er wie bei Volvo üblich nicht mittels Knopfdruck, sondern indem der Zündschalter nach rechts gedrückt wird. Ein kleines, aber feines Detail, da die Haptik dank des Klickgeräusches dem eines schnöden Knopfes überlegen ist. Dank Riemenstarter-Generator startet der Vierzylinder sehr geschmeidig. Über den Wählhebel aus Kristallglas, seit dem Facelift nicht mehr nur den Plug-in-Hybriden vorbehalten, wird die Fahrstufe eingelegt. Los gehts.

Seit Anbeginn seiner Zeit ist der Vierzylinder-Benziner von Volvo kein Vorbild für Laufruhe, da er einen kernigen, leicht rauen Klang generiert. Der ist zwar durchaus angenehm anzuhören, doch für die Fahrzeugklasse, in welcher sich der XC90 bewegt, dürfte der Motor dennoch etwas besser gedämmt sein. Der neue Mild-Hybrid-Antrieb sorgt bei niedrigen Drehzahlen für einen kurzen, aber spürbaren Extraschub – und zwar genau dann, wann er im Alltag am praktischsten ist, also beim Losfahren, Einfahren in eine Kreuzung oder Rausbeschleunigen einer Ortschaft.

Ein Gleiter par Excellene
Boost klingt immer auch nach Sport, doch damit hat der XC90 nichts am Hut. Auch im Dynamic-Modus mit abgesenktem Luftfahrwerk ist er nicht wirklich straff. Zwar wird das Handling etwas verbindlicher als im weichen Komfort-Modus, aber fürs Kurvenräubern ist das einfach das falsche Auto. Wer den Volvo einen Berg hochjagt, merkt, dass das zwar gar nicht so schlecht vonstatten geht, aber das Auto wirkt gequält.

Dafür bietet er Komfort in Hülle und Fülle. Das beginnt beim sehr niedrigen Geräuschpegel, geht weiter beim formidablen Fahrkomfort und endet bei den diversen Massageprogrammen. Weiter stehen noch Lenkradheizung, Sitzlüftung und die eingangs erwähnte Sound-Anlage zur Verfügung, um die Fahrt so angenehm wie möglich zu gestalten.

Zusätzlich zu dem Komfort-Features bietet Volvo eine extrem ausgereifte Assistenz-Armada. Der Pilot-Assist steuert das Auto auf der Autobahn sehr menschlich, so fortgeschritten ist die Technologie. Das Matrix-Licht reagiert sehr schnell und streut helles, angenehmes Licht. Warnsysteme wie Tot-Winkel-Warner oder Notbremsassistent, der übrigens auch Wildtiere erkennt, leisteten sich nicht einen einzigen Fehlalarm.

Zu guter Letzt darf nicht vergessen werden, dass der XC90 eine rollende Festung ist. Nicht nur die über alle Zweifel erhabenen Assistenzsysteme (was übrigens auch im Premium-Segment längst keine Selbstverständlichkeit ist) sorgen für Sicherheit, sondern auch die passiven Sicherheitsmassnahmen. Von der Fahrgastzelle bis hin zum Sitzdesign ist jede mögliche Stellschraube im Volvo auf maximale Sicherheit im Crash-Fall getrimmt.

Neu oder nicht?
Ein sehr überzeugendes Auto für alle, die Wert auf Wohnlichkeit, Platz und Komfort legen sowie dafür auf Sportlichkeit verzichten, war der XC90 schon immer. Allerdings halten sich die Neuerungen des Facelifts in engen Grenzen. Somit stellt sich die Frage, ob es ein Neuwagen oder eine junge Occasion sein soll. Mit einem Preis von 113’470 Franken spielt der Testwagen in der sehr gehobenen Preisliga, bietet dafür aber auch eine Voll-Ausstattung. Zwar hilft die Mild-Hybridisierung, ein paar Zehntel an Treibstoff einzusparen, doch Wunder kann diese Technik auch nicht bewirken. Somit ist der doch hohe Testverbrauch von 10,1 l/100 km der einzige Wermutstropfen.

Alltag 
Wenn es an etwas nicht fehlt, dann an Platz. Dank der verhältnismässig kurzen Schnauze bietet der XC90 ein gigantisches Raumangebot. So sitzen auch Riesen im Fond perfekt. Auf den hintersten Plätzen sitzen aber nur Kinder bequem. Der Kofferraum ist wahrlich ein Fass ohne Boden und bietet Platz für die ganze Familie oder für Outdoor-Aktivitäten.
Fahrdynamik 
Sportlichkeit ist nicht das Metier des sanften Riesen. Aber das ist okay, denn Volvo verkauft den XC90 auch nicht als Sportler. Immerhin hilft aber der neue Mild-Hybrid, dass untenrum Druck vorhanden ist – genau dann, wann es im Alltag am meisten nützt.
Umwelt 
Obwohl die Mild-Hybrid-Technik im Alltag effektiv hilft, zu sparen, sind keine Wunder zu erwarten. Der Wagen ist gross und schwer, deshalb ist es schwierig, den Verbauch auf unter 10 Liter zu drücken. Im Testmittel flossen 10,1 l/100 km.
Ausstrahlung 
Das klare, elegante Design ist nach wie vor ein Eyecatchter. Dass Volvo auf ein aggressives Design verzichtet, ist ebenfalls ein Pluspunkt.
Fazit 
+ Elegantes Design
+ Sehr bequeme Sitze mit diversen Massageprogrammen
+ Wohnliches Innenraumdesign
+ Riesiges Platzangebot
+ Edle Materialien, exzellente Verarbeitungsqualität
+ Viel Liebe zum Detail
+ Intuitives Infotainmentsystem
+ Bombastische Soundanlage
+ Sehr niedriger Geräuschpegel
+ Formidabler Fahrkomfort
+ Spürbarer Zusatzschub bei niedrigen Drehzahlen
+ Sehr helles und feinfühliges Matrix-LED-Licht
+ Zuverlässiges semi-autonomes-Fahren dank perfekt abgestimmten Assitenzsysemen. Keine Fehlalarme.
+ Weitreichende Sicherheitsausstattung, aktiv und passiv
+ Grosser Spielraum bei Materialien, Farben und Felgen
– Hoher Preis
– Hoher Verbrauch
– Grosser Wendekreis
– Sprachsteuerung nicht state of the art
Mängel am Testwagen
– Keine Mängel
Steckbrief
Marke / Modell | Volvo XC90 B5 |
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Preis Basismodell / Motorisierung / Testwagen | 83 050 CHF / 85 100 CHF / 113 470 CHF |
Antrieb | Benzin Mild-Hybrid / Allradantrieb |
Hubraum / Zylinder | 1969 ccm / R4 |
Motoranordnung / Motorkonzept | Frontmotor / Turbomotor |
Getriebe | 8-Gang-Automatikgetriebe |
Max. Leistung | 194 kW bei 5700 r/min |
Max. Drehmoment | 390 Nm bei 1800 - 4800 r/min |
Beschleunigung 0–100 km/h | 7,7 s |
Vmax | 215 km/h |
WLTP-Verbrauch / CO2 Emissionen / Energieeffizienz | 8,1 l/100 km / 189 g/km / F |
Test-Verbrauch / CO2 Emissionen / Differenz | 10,1 l/100 km / 236 g/km / +25% |
Länge / Breite / Höhe | 4,95 m / 1,88 m / 1,78 m |
Leergewicht | 2202 kg |
Kofferraumvolumen (7-, 5-, 2-Plätzer) | 680 - 1858 l |
Bilder: Koray Adigüzel