Der VW Arteon war noch nie das Volumenmodell von VW, obwohl er nicht nur technisch sehr nah am Passat ist. Mit dem erfolgten Facelift wird der schöne Arteon nun stärker differenziert und ist als R Shooting Brake endgültig zum Nischenmodell geworden. Somit umweht ihn die Extravaganz, die ihm eigentlich schon immer gebührte. Der praktisch konkurrenzlose Arteon R Shooting Brake bringt Lifestyle, Pragmatismus und Performance erstaunlich unkompliziert unter einen Hut. Kompliziert wird es erst, wenn man sich den Preisen widmet.
Es gibt kein anderes VW-Modell der Neuzeit, welches so durchdesignt ist wie der Arteon Shooting Brake. Die Front sieht bei der R-Version richtig scharf aus, wobei die Breite extrem betont wird. In der Silhouette dagegen wird die Länge des Autos zum Ausdruck gebracht. Die Fensterlinie steigt an, während das Dach abfällt. Das Heck zeigt sich ebenfalls sehr knackig und mit für VW ungewöhnlichen, quadratischen Endrohren von ordentlicher Grösse. Der Arteon R Shooting Brake hebt sich nicht nur innerhalb des VW-Portfolios deutlich ab, er ist in seinem Segment als R-Version auch absolut konkurrenzlos.
Eigenständigeres Cockpit
Der grösste Kritikpunkt bislang war die frappierende Ähnlichkeit zum VW Passat im Innenraum. Im Zuge des Facelifts hat VW auch im Cockpit für eine gewisse Eigenständigkeit gesorgt. Die Haptik wurde ebenfalls deutlich verbessert, der Arteon ist nicht nur hochwertig ausgestattet, sondern auch piekfein verarbeitet. Einziges Kuriosum: Obwohl die Sitze optisch exakt jenen des Golf R entsprechen, fehlt dem Arteon die Sitzlüftung. Dafür bietet der Shooting Brake eine Massagefunktion.
Oft ist bei einem Auto, bei welchem das Design stark im Fokus steht, das Platzangebot irgendwo eingeschränkt. Nicht jedoch beim Arteon Shooting Brake. Im Fond findet man geradezu fürstliche Platzverhältnisse vor und trotz des stark abfallendes Daches hat es VW geschafft, genügend Kopffreiheit anzubieten. Die Kehrseite ist halt, dass man tief sitzt. Auch der Kofferraum ist eine riesige Höhle und man braucht den ausufernden Ikea-Besuch mit diesem Auto definitiv nicht zu fürchten. Einzig die hohe Ladekante ist ein Tribut ans Design.
Fast Cruiser
Trotz hoher Leistung und dem Fahrspass fördernden Torque Vectoring System an der Hinterachse ist der Arteon R Shooting Brake in erster Linie ein famoser Reisewagen. Der Geräuschpegel ist sehr niedrig und was die adaptiven Dämpfer im Komfort-Modus an Sänfte an den Tag legen, ist für ein R-Modell extrem beeindruckend. Das DSG schaltet weich und nutzt das frühe Drehmoment. Schlussendlich kann man mit diesem Wagen ultimativ komfortabel reisen und hat nie das Gefühl, dass das Auto einen hetzt oder anspornt, die Performance auszufahren.
Die Ruhe selbst
Wenn man denn in Stimmung ist, kann der Arteon R aber sehr wohl zur Sache kommen. Der Zweiliter-Turbo erzeugt ab dem mittleren Drehzahlbereich vehementen Druck. Der Sound ist dezent, aber was man hört, ist sehr angenehm. Hin und wieder ist der Abgasanlage sogar ein Auspuffknaller beim Gaslupfen zu entlocken. Der Motor fühlt sich zwar nicht ganz so temperamentvoll an wie in einem leichteren Golf, aber die Power ist dennoch auch am Berg völlig ausreichend.
Selbst im Race-Modus strahlt der Arteon R aufgrund des langen Radstands eine gewisse Ruhe aus. Der Performance schadet das aber freilich nicht. Insbesondere im Race-Modus ist es erstaunlich, wie aggressiv man mit diesem langen Kombi um Kurven prügeln kann und der Wagen absolut neutral bleibt. Er nimmt einen nicht ganz so an die Hand wie ein Golf R, es bleibt eine gewisse Distanz. Der Arteon R ist etwas kühl, nicht wild, aber dennoch sehr schnell und stabil. Eskalations-Modi wie Drift oder Nordschleife finden sich hier nicht, aber sie würden auch nicht zum Auto passen.
Teurer Tausendsassa
Der Arteon R Shooting Brake nimmt bei VW eine gewisse Sonderstellung ein. Weil er praktisch zuoberst im Portfolio steht, sieht man den Wagen nur selten auf der Strasse. Der Schönling von VW versteht es wie kaum ein anderer, Performance, Platz und Komfort so schick verpackt anzubieten. Designmässiger Konkurrent wäre der Genesis G70 Shooting Brake, allerdings gibt es davon keine Performance-Variante. Somit steht der Arteon R ziemlich alleine da und das wiederum lässt sich VW – einmal mehr – sehr gut bezahlen. Der mit allen Schikanen ausstaffierte Testwagen kommt nämlich auf einen Preis von rund 95’000 Franken.
Alltag
Trotz sehr expressivem Design ist der Arteon Shooting Brake ein echtes Raumwunder. Hinten kann man die Beine beinahe ausstrecken und auch die Kopffreiheit ist ausreichend. Der Kofferraum ist riesig und obendrauf kann der schicke Kombi noch 2200 Kilo an den Haken nehmen. Einzig besonders grosse Ablagen fehlen dem Arteon.
Fahrdynamik
Der Arteon R ist kein Draufgänger, der seinen Fahrer dazu animiert, es doch etwas schneller angehen zu lassen. Doch wenn es darauf ankommt, bietet er satten Durchzug durchs gesamte Drehzahlband und ein sehr neutrales Handling.
Umwelt
Der grosse Wagen ist kein Leichtgewicht, insofern sind vom Verbrauch keine Wunder zu erwarten. Auf der zahm gefahrenen Langstrecke pendelt man sich bei rund 8,0 l/100 km ein. Wird hin und wieder sportlich gefahren, muss man mit 10,1 l/100 km rechnen.
Ausstrahlung
Derart schnittige Kombis sucht man selbst in höheren Preissegmenten beinahe vergebens. Der Arteon Shooting Brake bietet die perfekte Symbiose aus Eleganz und der nötigen Prise Sportlichkeit.
Fazit
+ Eigenständiges, sehr auffälliges und schnittig-elegantes Design
+ Sehr grosszügige Platzverhältnisse
+ Sehr bequeme Sitze mit gutem Seitenhalt, top Ergonomie
+ Sehr hohe Verarbeitungsqualität
+ Kräftiger und drehfreudiger Motor
+ Direkte Lenkung mit guter Rückmeldung
+ Sehr neutrales Handling, agile Hinterachse dank Torque Vectoring
+ Sehr hoher Fahrkomfort
+ Umfangreiches und zuverlässiges Assistenz-Paket
+ Matrix-Licht
– Hoher Preis
– Grosser Wendekreis
– Teils fummelige Bedienung über Touch-sensitive Tasten
– Billiges Plexiglas-HUD
Mängel am Testwagen
– Keine Mängel
Steckbrief
Marke / Modell | VW Arteon R Shooting Brake |
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Preis Basismodell / Testwagen | 78 400 CHF / 95 510 CHF |
Antrieb | Benzin, Allradantrieb |
Hubraum / Zylinder | 1984 ccm / R4 |
Motoranordnung / Motorkonzept | Frontmotor / Turbomotor |
Getriebe | 7-Gang Doppelkupplungsgetriebe |
Max. Leistung | 235 kW bei 5350 - 6500 r/min |
Max. Drehmoment | 420 Nm bei 2100 - 5350 r/min |
Beschleunigung 0–100 km/h | 4,9 s |
Vmax | 270 km/h (optional, elektronisch abgeregelt) |
WLTP-Verbrauch / CO2 Emissionen / Energieeffizienz | 9,6 l/100 km / 217 g/km / F |
Test-Verbrauch / CO2 Emissionen / Differenz | 10,1 l/100 km / 228 g/km / +5% |
Länge / Breite / Höhe | 4,87 m / 1,87 m / 1,44 m |
Leergewicht | 1883 kg |
Kofferraumvolumen | 565 - 1632 l |