Dass der Golf GTD dem Golf R niemals hinterher rennen kann ist klar und um das festzustellen, muss man kein Experte sein. Ihm fehlt fast ein Drittel der Leistung vom R, ausserdem muss er mit Frontantrieb zu Recht kommen, was aufgrund der geringeren Leistung allerdings kein Problem ist. Die Frage ist vielmehr, ob der GTD nicht der bessere Variant ist als der R. Denn die Ruhe im Auto und der massiv tiefere Verbrauch sind bei einem Kombi nicht zu unterschätzende Eigenschaften.
Frontal gesehen macht der GTD voll auf GTI. Die Frontschürze mit Wabengrill ist absolut identisch. Auch mit dem sportlichen Felgendesign und den roten Bremsklötzen macht der GTD Variant deutlich, dass er gerne mehr kann und will, als nur viel Gepäck zu transportieren. Am Heck wird er jedoch dezenter. Statt einem Endrohr rechts und einem links, gibt es beim GTD ein Doppelendrohr, ausserdem fehlen auch der angedeutete Diffusor und die abgedunkelten Heckleuchten.
Im Innenraum greift der GTD mit dem legendären Karo-Muster auf den Sportsitzen erneut das GTI-Design auf, aber bis auf das GTD-Lenkrad und dem Carbon-Look war es das mit der Sportlichkeit. Der Golf Variant hat ein übersichtliches Interieur, aber insbesondere bei den Top-Versionen überzeugen Haptik und Materialauswahl nicht durchgehend. Im Fond ist die Kopffreiheit sehr gut, die Beinfreiheit ist allerdings beschränkt, wenn vorne eine grosse Person sitzt. Sehr gross und praktisch geformt ist dafür der Kofferraum.
Ich kann einfach nicht anders, als den GTD Variant mit dem R Variant zu vergleichen. Dabei ist der GTD überall, wo es nicht um die Fahrdynamik geht, besser. Trotz naturgemäss rauerem und lauterem Motorengeräusch ist der GTD innen deutlich ruhiger als der R, einfach deshalb, weil das künstliche Motorengeräusch fehlt. Der GTD fährt souverän, ruhig und komfortabel. Besonders deutlich werden die Unterschiede auf der Autobahn. Der R grollt bei 3000 Umdrehungen künstlich vor sich hin und federt selbst im Comfort Modus mit einer gewissen Straffheit. Der GTD dagegen brummelt bei 2200 Umdrehungen viel leiser vor sich und federt im Comfort deutlich sanfter ein und aus. Insgesamt reist es sich auf der Autobahn mit dem GTD wesentlich komfortabler und vor allem günstiger, denn bei gemächlicher und konstanter Fahrweise sinkt der Verbrauch auf unter sechs Liter, während der R kaum mit unter acht Liter zu bewegen ist. Wer dezente Sportlichkeit mit Langstreckenkomfort sucht, ist mit dem GTD goldrichtig bedient, zumal diverse Assistenzsysteme das Leben im Alltag erleichtern.
Wenn man es darauf anlegt, merkt man die Defizite zum R. Beide Motoren stemmen zwar 380 Nm auf die Kurbelwelle, aber das Ergebnis ist ein völlig anderes. Der GTD zieht bis im mittleren Drehzahlbereich gut durch, aber dann geht ihm die Puste aus. Der R hingegen holt unten heraus kurz Luft und zieht dann voll durch. Wo der GTD nicht mehr mag, wird es beim R erst richtig lustig. Auch Fahrwerk und Lenkung sind beim R steifer, respektive direkter ausgelegt, ausserdem ist das vollständig deaktivierbare ESP ausschliesslich dem R vorenthalten. Im Sport Modus fängt übrigens auch der GTD an, künstliche Motorengeräusche zu generieren, was noch dämlicher klingt als im R, da es sich um einen Diesel handelt. Aber immerhin bleibt man im Alltag davon verschont.
Unter dem Strich bietet der GTD ein sehr ausgewogenes Fahrverhalten. Er ist auf eine sanfte Art sportlich, im Alltag dennoch sparsam und komfortabel. Die Ausstattung ist umfangreich und der Preis des Testwagens mit 50’000 Franken fairer als beim R. Dennoch überzeugt die Haptik nicht überall, da ist eigentlich von «Made in Germany» etwas mehr zu erwarten. Übrigens gibt es den GTD sowohl als Kompakter, als auch als Kombi, während es den richtigen GTI bloss als Kompakten gibt. Es ist klar, dass der GTI mehr Biss hat als der GTD, der eher die Rolle des Allrounders als jene des Vollblutsportlers übernimmt. Seine ihm zugewiesene Rolle spielt er zwar hervorragend, aber hätte der GTD wie der GTI ein Sperrdifferential, würde es die Fahrfreude nochmals kräftig erhöhen, ohne zu Lasten des Komforts zu gehen. Vielleicht eine Anregung fürs bevorstehende Facelift der Golf-Palette? Und nicht vergessen: Beim R unbedingt das künstliche Gedröhne runterschrauben. Wie man unschwer erkennen kann, habe ich beinahe ein Trauma davon.
Alltag
Stark, komfortabel, übersichtlich, sparsam und geräumig. Fehlen nur noch die beiden Kids-Aufkleber auf der Heckscheibe und das Familien-Abenteuer kann beginnen.
Fahrdynamik
Der Golf GTD Variant ist sportlich veranlagt, keine Frage, aber es hält sich alles in Grenzen. Er ist direkt und präzise, aber deutlich softer als der R. Im mittleren Drehzahlbereich wirkt er sehr elastisch, drüber und drunter eher zäh.
Umwelt
Für einen recht sportlichen Kombi ist ein Verbrauch von 5,9 l/100 km eine feine Sache.
Ausstrahlung
Golf bleibt Golf. Als GTD sticht Kennern die Front ins Auge, aber ansonsten ist das Design zwar schnörkellos, jedoch kaum die Rede wert.
Fazit
+ Grosszügige Platzverhältnisse
+ Sehr bequeme Sportsitze
+ Perfekte Ergonomie
+ Diverse Assistenzsysteme erhältlich
+ Adaptives Fahrwerk mit grosser Spreizung
+ Präzises Handling
+ Gemütliches Setting im Comfort Modus
+ Intuitives Mediasystem mit Annäherungssensorik
+ Tiefer Verbrauch
– Künstlicher Sound im Sport Modus
– Materialien nicht überall dem Preis entsprechend
– Keine Smartphone-Integration
Mängel am Testwagen
– Keine Mängel
Steckbrief
Marke / Modell VW Golf GTD Variant Preis Basismodell / Testwagen 41 850 CHF / 50 350 CHF Antrieb Diesel, Frontantrieb Hubraum / Zylinder 1968 ccm / R4 Motoranordnung / Motorkonzept Frontmotor / Turbomotor Getriebe 6-Gang Doppelkupplungsgetriebe DSG Max. Leistung 135 kW bei 3500 - 4000 r/min Max. Drehmoment 380 Nm bei 1750 - 3250 r/min Beschleunigung 0–100 km/h 7,9 s Vmax 229 km/h NEFZ-Verbrauch / CO2 Emissionen / Energieeffizienz 4,8 l/100 km / 125 g/km / C Test-Verbrauch / CO2 Emissionen / Differenz 5,9 l/100 km / 154 g/km / +23% Länge / Breite / Höhe 4,66 m / 1,80 m / 1,48 m Leergewicht 1475 kg Kofferraumvolumen 605 - 1620 l
(Bilder: Koray Adigüzel)