Die Ex­t­ra­ver­tiert­heit: Mercedes-Benz CLA Coupé

Ob der Mercedes CLA nun ein Coupé, eine Coupé-Limousine, oder einfach eine herkömmliche Stufenheck-Limousine sein soll, das ist jedem selber überlassen. Da sich der grosse Bruder CLS in der Business Klasse gut etabliert hat, will Mercedes dieses Kunststück eine Klasse tiefer erneut versuchen. Da er auf der A-Klasse basiert, stellen sich automatisch hohe Erwartungen an die Fahrdynamik, gleichzeitig aber stellt man sich auf enge Platzverhältnisse ein. Was kann die edlere A-Klasse, die gerne Coupé sein möchte, tatsächlich?

Von vorne betrachtet, sieht der CLA der A-Klasse zum verwechseln ähnlich, aber sobald sich der Winkel ein bisschen ändert, wird ersichtlich, wie stark die Dachlinie abfällt und in das gestreckte Heck übergeht. Dessen LED-Rücklichter gucken so böse und entschlossen, wie manches Coupé gerne von vorne schauen würde. Um das Coupéhafte zu unterstreichen, hat der CLA rahmenlose Türen. Überdies wirkt er sehr flach und breiter, als er tatsächlich ist. Mit dem AMG Paket erhält er breitere Schweller und Schürzen mit zusätzlichen Luftauslässen, was die aggressive Optik zwar verschärft, den cW-Wert aber ruiniert – aus 0.23 wird 0.28. Mit demselben Problem muss sich auch die A-Klasse herumschlagen.
Im Interieur ist vorne ebenfalls alles wie in der A-Klasse. Mercedes geizt nicht mit sehr hochwertigen Materialien, was den CLA ausgesprochen edel erscheinen lässt. An der Verarbeitung gibt es ebenfalls nichts auszusetzen, aber das wird bei den stolzen Preisen für den CLA auch vorausgesetzt. Vorne sind die Platzverhältnisse auf den bequemen und haltintensiven Sportsitzen gut, lediglich die Klimaregelung ist zu weit unten angesetzt und fummelig zu bedienen. Im Fond ist es durch das niedrige Dach aber noch enger als in der A-Klasse, Personen über 1.75 m finden nur noch beschränkt Platz. Dies auch, weil der Radstand im Vergleich zur A-Klasse unverändert ist und der Längenzuwachs ausschliesslich der Optik und dem Kofferraum zugute kommt. Dieser ist zwar mit 470 Liter recht üppig bemessen, aber durch die kleine und flache Luke umständlich zu beladen, mehr Nutzwert als der A-Klasse kann man dem CLA insgesamt also nicht anhängen. Die Übersicht nach hinten lässt nämlich stark zu wünschen übrig, die aufpreispflichtige Rückfahrkamera ist sehr zu empfehlen.
Optional ist das fortschrittliche Mediasystem Comand Online erhältlich, welches Navigation, Sprachsteuerung (funktioniert sehr gut), Bluetooth und Online-Dienste vereint. Letztere sind allerdings erst ab dem Modelljahr 2014 ohne weiteres mit dem iPhone kompatibel. Das System wirkt ausgereift, kostet aber exorbitante 4100 CHF Aufpreis.

Zum Test ist der stärkste CLA unterhalb der AMG Version mit 155 kW Leistung und einem Verbrauch von 6.2 l/100 km angetreten. Das Leistungsspektrum beginnt bei den Ottomotoren bei 90 kW und bei den Selbstzündern bei 100 kW. Zusätzlich gibt es noch einen mittleren Benziner mit 115 kW und einen zweiten Diesel mit 125 kW.
Der getestete Motor fiel vor allem durch das maximale Drehmoment von 350 Nm, welches zwischen 1200 und 4000 Umdrehungen anliegt, positiv auf. Bereits aus sehr tiefen Drehzahlen ist der CLA somit in der Lage, zügig zu beschleunigen, ohne herunterschalten zu müssen. Das ist auch gut so, denn das von Daimler selber entwickelte 7-Gang-Doppelkupplungsgetriebe ist nicht über alle Zweifel erhaben. Bei sehr langsamer Fahrt ruckelt es zuweilen und wird plötzlich viel Leistung verlangt, so muss es erstmal seine Zahnräder richtig sortieren, was aber zu lange dauert. Wer in den manuellen Modus wechselt, kann via Schaltpaddels wesentlich schneller durch die Gänge schalten.
Genügend flott ist der CLA aber allemal. Mit dem optionalen Sportfahrwerk fährt er sich wie auf den sprichwörtlichen Schienen, die präzise Direktlenkung steuert da ebenfalls ihren Beitrag dazu. Klar, dass der Federungskomfort nicht mehr der beste ist, aber das Rumpeln hält sich in Grenzen. Im Test lag der Verbrauch laut Bordcomputer, wie auch nachgerechnet bei 7.4 l/100 km (ehrliche Bordcomputer sind leider auch eine Seltenheit). Angesichts allgemein zügiger Fahrweise und einer sehr schnellen Fahrt auf der deutschen Autobahn ein guter Wert. Weiter punkten kann der CLA mit seiner – teilweise aufpreispflichtigen – Sicherheitsausstattung. Dazu gehören sieben Airbags und das serienmässige Pre Safe System, also ein Notbremsassistent, der Kollisionen verhindern kann, aber im Gegensatz zu Volvo keine Fussgänger erkennt. Des weiteren sind noch diverse elektronische Helferlein auf Wunsch mit an Bord: Spurhalte- und Tot-Winkel-Assistent, adaptiver Tempomat (Distronic Plus), sowie automatisch abblendende Innen- und Aussenspiegel.

Mercedes lässt sich das Coupé im CLA teuer bezahlen, der Basispreis liegt nämlich bei 39’900 CHF, rund 6600 CHF höher als bei der A-Klasse, aber ohne nennenswerte Zusatzausstattung. Der beinahe komplett ausgestattete Testwagen schlägt mit 75’310 CHF (ohne Euro-Rabatt) zu Buche. Der kommende Vergleich mag vielleicht weit hergeholt sein, aber die Corvette C7 wird es zu Preisen ab 79’900 CHF geben – und die spielt in einer ganz anderen Liga. Somit bleibt das CLA ein Auto für all jene, die den Begriff Coupé etwas grosszügig sehen und nach etwas Individuellem suchen.

Alltag ★★★☆☆

Der CLA will kein Alltagsheld sein, sondern viel lieber anderen Autos die Schau stehlen, das kann er dafür ziemlich gut. Der Platz reicht nur beschränkt für vier Personen (drei Menschen in das CLA Fond zu zwängen, würde sicherlich gegen geltendes Menschenrecht verstossen) und besonders gut nutzbar ist der Kofferraum auch nicht. Abhilfe gegen die schlechte Rundumsicht schaffen die teilweise optionalen Parksensoren und die Rückfahrkamera.

Fahrdynamik ★★★★★

Obwohl vorderradgetrieben (Allrad optional) fehlt es dem CLA nie an Grip, der Turbomotor liefert bereits aus dem Drehzahlkeller ordentlich Wumms. Das Bremsgefühl ist fantastisch, ebenso das der Lenkung. Es steckt wirklich mehr Sportwagen im CLA, als man denkt, wobei dem hauseigenen Doppelkupplungsgetriebe der letzte Schliff fehlt.

Umwelt ★★★★☆

Die Dieselmotoren sind sehr sparsam und fallen in die Energieeffizienzkategorie A. Die Benziner genehmigen sich naturgemäss etwas mehr und bewegen sich in den Effizienzkategorien  B und C. Der Testverbrauch hielt sich mit 7.4 l/100 km in Grenzen. Alle Motoren sind mit einer Start-Stopp-Automatik versehen und erfüllen bereits die Abgasnorm Euro 6.

Ausstrahlung ★★★★★

Der Mercedes CLA sieht wirklich sexy aus und zieht viele Blicke auf sich. Obwohl er für seine Klasse teuer ist, sieht er tatsächlich noch teurer aus, als er in Wirklichkeit ist. Wenn der CLA etwas gut kann, dann hübsch aussehen. (Das kann er sogar noch besser, als das Fahren). Nein, Spass beiseite.

Fazit ★★★★☆

+ Leistungsfähiger Motor mit Maximaldrehmoment ab 1200 U/min
+ Sehr hohe Fahrdynamik
+ Start-Stopp-Automatik und Euro 6 Abgasnorm für alle Motorisierungen
+ Angemessener Verbrauch
+ Umfangreiches Multimediasystem inkl. High-End Hi-Fi Anlage
+ Sehr hochwertige Innenausstattung inkl. Verarbeitung
+ Progressives und attraktives Design

– Kickdown kommt verzögert
– Schlechte Rundumsicht
– Platz im Fond stark beschränkt
– Hoher Preis, auch im Verhältnis zur A-Klasse

(Bilder: Daimler)

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