Zwischen all den Klein- und Kompaktwagen, welche Fiat herstellt, gesellt sich seit zwei Jahren ein echtes Dickschiff: Der Fiat Freemont. Wer sich in der Modellpalette von Dodge auskennt, sieht auf den ersten Blick, dass sich der Freemont direkt vom Dodge Journey ableitet, so wie diverse Lancias auf Chrysler Modellen basieren. Ob man diese Taktik geschickt oder billig findet, sei mal dahingestellt – aber im Gegensatz zu den Lancia Kopien, verkauft sich der Freemont ziemlich gut.
Dass SUVs sich gut verkaufen, ist allgemein bekannt, daher ist es aus Sicht von Fiat ein kluger Schachzug gewesen, durch die Übernahme von Chrysler – dazu gehört auch Dodge – kostengünstig ein eigenes SUV auf die Räder zu stellen. Gross, bullig und muskulös steht der Freemont auf der Strasse, solche Designkonzepte kommen an, denn trotz dem ganzen Boom um die kompakten SUVs sollte nicht vergessen werden, dass auch die grösseren Modelle prächtigen Absatz generieren. Mit 4.88 Meter Länge, 1.88 Meter Breite und 1.74 Meter Höhe ist er eine massige Erscheinung, er schaut ein bisschen aus, wie eine Kreuzung zwischen Van und SUV. Dass der Freemont eigentlich ein Ami ist, sieht man ihm sowohl von aussen, als auch von innen kaum an.
Innen bietet der Freemont auf serienmässig sieben Sitzplätze an (5-Plätzer kostet Aufpreis!), wobei die beiden hinteren Plätze nur für kurze Strecken oder Kinder zumutbar sind. Die Vordersitze und die Rückbank dürften allerdings etwas stärker ausgeformt sein und insbesondere mehr Seitenhalt bieten. Sind die beiden hintersten Sitze umgelegt, bietet der Freemont stattliche 758 Liter Ladevolumen an. Praktisch ist der riesige Öffnungswinkel von 90° der Fondtüren und dass man auf der längs verschiebbaren Rückbank mit einem Handgriff rechts und links einen Hocker erstellen kann, auf denen Kinder unter 12 Jahren sitzen können. Zudem bietet der Freemont unzählige Ablagemöglichkeiten, fast überall kann man etwas verstauen. Das Problem ist also nicht, wo man etwas verstauen kann, sondern sich zu merken, wo man es verstaut hat… Weiter gut gefallen hat mir der grosse und somit übersichtliche Touchscreen, auf welchem Navi und Multimedia einfach bedient werden können. Die Verarbeitung ist grösstenteils sauber gelungen, nur selten stösst man auf billiges Hartplastik, wie beispielsweise um die mittleren Lüftungsdüsen, dort handelt es sich dafür um ein besonders prächtiges Stück.
Getestet wurde der Freemont mit dem 2.0 Liter Diesel mit Allradantrieb, 125 kW, 350 Nm Drehmoment und 6-Stufen Automatik. Dem gegenüber stehen aber 2.1 Tonnen Leergewicht, das ist eine nicht zu unterschätzende Masse. Es verwundert daher nicht, dass sich der Freemont trotz des recht kräftigen, aber rauen Diesels eher behäbig in Bewegung setzt. Der 3.6 Liter V6 Benziner würde den Freemont sicher deutlich engagierter ins Rollen bringen, allerdings zum Preis eines immensen Verbrauchs. Ebenfalls träge reagiert die Automatik, die sich für die Gangwechsel alle Zeit der Welt nimmt und Zwischensprints überhaupt nicht mag. Passend zum Charakter des Freemonts ist das Fahrwerk, das komfortabel und gelassen federt, ohne dass man in Kurven seekrank wird. Grundsätzlich ist gegen ein eher geschmeidiges Automatikgetriebe bei einem Auto wie dem Freemont nichts einzuwenden, allerdings hatte ich das Gefühl, dass das Getriebe den Wagen ziemlich einbremst. Weiter ist mir beim Getriebe aufgefallen, dass es beim Bergabrollen einen Gang zurückschaltet, um die Motorbremse besser zu nutzen. Dieses an sich positive Verhalten ist im Freemont leider lästig, da es durch das Herunterschalten und das anschliessende Hochschalten beim Gasgeben starke Verzögerungen mit sich zieht. Apropos Verzögerung: Das Bremspedal fühlt sich in etwa so an, als würde man in knöcheltiefen Matsch treten, es bietet kaum Gefühl, geschweige denn Gegendruck.
Zugegeben, die letzten Zeilen lesen sich sehr negativ, schliesslich muss der Freemont gar keine sportlichen Ambitionen befriedigen. Das stimmt absolut, aber ein Automatikgetriebe, das unterwegs ein paar Schlaftabletten eingeworfen hat und eine gefühllose Bremse, verdient auch kein auf Komfort ausgelegter Crossover. Daher empfehle ich das manuelle Getriebe, ohne es gefahren zu sein, denn dieses senkt obendrein auch noch den Verbrauch. Dieser hat mich ziemlich positiv überrascht, denn der Bordcomputer meldete einen Verbrauch von 6.9 l/100 km. Etwas ungläubig überprüfte ich dies und kam auf 7.8 l /100 km. Die Werksangabe liegt bei 7.3 l/100 km. Wie üblich, ist der Realverbrauch deutlich höher, als vom Bordcomputer angegeben, aber es ist immer noch ein gutes Resultat, vor allem angesichts des lahmen Automatikgetriebes, den 2.1 Tonnen Leergewicht und dem Allradantrieb.
Die Preisliste für den Freemont beginnt bei 34’150 CHF, der beinahe komplett ausgestattete Testwagen kostet 50’240 CHF. Angesichts der Grösse und des Nutzwerts ein fairer Preis. Der Freemont ist ein zweckmässiger Begleiter, der seinen Job sauber erledigt. Auch wenn er nicht sportlich sein muss und will, so sollte ein flotteres Automatikgetriebe eingebaut werden, womit dann der 2.0 Liter Diesel auch etwas lebhafter wirken würde. Dessen Verbrauch ist akzeptabel, nur selten kommt man so nahe an die Werksangabe.
Alltag ★★★★★
Viele Sitzkonfigurationen, mindestens so viele Ablagemöglichkeiten und allgemein viel, viel Platz sprechen für den Freemont als alltäglichen Begleiter, wenn man eine grössere Familie hat. Trotz den stattlichen Abmessungen ist er recht übersichtlich und nicht so unhandlich, wie er scheint.
Fahrdynamik ★☆☆☆☆
Fahrdynamik? Fehlanzeige. Der Fiat Freemont ist ein SUV ohne S, also ohne Sport.
Umwelt ★★★☆☆
Der Verbrauch des getesteten Diesel geht in Ordnung, leider ist aber keine Start-Stopp-Automatik verfügbar. Der Benziner ist ein sehr durstiger Zeitgenosse, lieber einen Diesel wählen.
Ausstrahlung ★★★☆☆
Schwierig zu sagen. Einerseits sieht er gar nicht so schlecht aus und strahlt Kraft sowie Gelassenheit aus. Aber andererseits ist er halt weder ein richtiger Ami, noch ein richtiger Italiener…
Fazit ★★★☆☆
+ Grosszügiges Platzangebot
+ Haufenweise Ablagemöglichkeiten
+ Günstiger Preis
+ Überzeugendes Multimediasystem
+ Komfortable Federung
+ Akzeptabler Verbrauch
– Kein Tagfahrlicht, kein Xenonlicht
– Träges Automatikgetriebe
– Matschiges Bremsgefühl
– Keine Assistenzsysteme erhältlich
(Bilder: Fiat)