Ford Ranger: Ein rustikaler Zeitgenosse

In den USA sind Pick-Ups Ausdruck eines Lifestyles, sie sind allgegenwärtig. Bei uns verkehren jedoch hauptsächlich Lieferwagen mit Ladefläche. Pick-Ups, die auch in der Freizeit gefahren werden, sind ziemlich selten. Wenn ein Dodge RAM, ein V8 Ungetüm im Format Türsteher bei uns vorbeidonnert, sind die Leute ziemlich verdutzt. Der Ford Ranger ist mit geringeren Abmessungen und Dieselmotor diesbezüglich sozialverträglicher. Dennoch werden die Absatzzahlen in der Schweiz wohl eher gering bleiben.

Für unsere Verhältnisse ist allerdings auch der Ranger ein riesiges Trumm; als Doppelkabiner ist er knapp 5.40 Meter lang, die meisten Parkplätze sind da zu kurz geraten. Mit einer Höhe von 1.84 Meter und einer Breite von 1.86 Meter kann man sich mit ihm dennoch in eine Tiefgarage wagen, ohne Schweissausbrüche zu bekommen, der Wendekreis ist für seine Grösse nämlich ziemlich klein. Ausserdem helfen in den höheren Ausstattungslinien Parksensoren hinten und eine Rückfahrkamera beim Rangieren.
Um vom biederen Lieferwagen-Image wegzukommen, darf der Ranger Alufelgen, Metallic-Lack und einen verchromten Überrollbügel spazieren fahren.
Obwohl im Innenraum viel Hartplastik dominiert, bietet der Ranger eine wohnliche Atmosphäre. Mit einer Fussraumbeleuchtung, Zwei-Zonen-Klimaautomatik und Ledersitzen zeigt er ganz klar, dass er nicht nur da ist, um durch den Dreck gewühlt zu werden. In der Doppelkabine sind die Platzverhältnisse ausserdem sehr grosszügig, auch grosse Menschen finden auf der Rückbank bequem Platz. Nachteilig wirkt sich der fehlende Kofferraum aus, da Einkaufstaschen schlecht einfach auf die 1210 Liter fassende Ladefläche geschmissen werden können, insbesondere, wenn es das Wetter nicht so gut meint. Auch mit einer Abdeckung, die optional erhältlich ist, wäre ein Kofferraum für den privaten Alltag viel praktischer.

Mein Testwagen war mit dem 3.2 Liter grossen 5-Zylinder Diesel bestückt, ein Aggregat, dass akustisch wirklich nicht zu überhören ist. Besonders beim winterlichen Kaltstart mit Minustemperaturen klingt mancher LKW wohl nicht viel leiser. Der brummige Diesel stellt aber kraftvolle 470 Nm Drehmoment zur Verfügung und leistet 147 kW. Das braucht es auch, denn der Ranger ist mit 2.3 Tonnen Leergewicht ein echter Brocken. Trotzdem ist auch noch ein kleinerer 2.0 Liter Diesel erhältlich. So richtig zu Hause ist der Ranger aber eher im Gelände, wo ich ihn nicht gefahren bin. Mit der enormen Bodenfreiheit, Allradantrieb, kurzer Gangübersetzung, Sperrdifferential, Bergabfahrkontrolle und dem kräftigen Diesel kommt er mit passenden Reifen wahrscheinlich fast überall durch. Als Arbeitstier bewährt er sich des weiteren durch die enorme Zuladung von 1350 Kilo und einer Anhängelast von bis zu 3350 Kilo (je nach Modellvariante und Motorisierung).
Auf der Strasse hingegen hat mir die Mensch-Maschine-Verbindung gefehlt. Die Lenkung ist eher eine ungefähre Richtungsangabe, der Schleifpunkt der Kupplung nur zu erahnen, die Bremse weich wie Pudding und die Schaltung knorpelig, ohne klar definierte Schaltgassen. Man gewöhnt sich zwar an all diese Umstände, richtig bequem wird es aber nie. Vorbildlich ist hingegen die Sicherheitsausstattung, welche alle üblichen Airbags plus noch den Knieairbag, sowie ESP inkl. Anhängerstabilisierung und Überrollschutz beinhaltet.

Mit einem Basispreis von 50’700 CHF ist die zwar sehr gut ausgestattete Limited Version nicht gerade billig, ein vergleichbarer VW Amarok kostet rund 8000 CHF weniger. Zusammen mit der Sonderausstattung beträgt der Preis 55’020 CHF. Ich bezweifle, ob er sich als Lifestyle Pick-Up durchzusetzen vermag und wer den Ranger als reines Arbeitsgerät ordert, wird auf den ganzen optischen Schnickschnack und die Komfortausstattung verzichten. Der Ranger wird global auf 180 Märkten angeboten, die Schweiz wird wahrscheinlich nicht sein Hauptterritorium darstellen.

Alltag ★★★☆☆

Als Doppelkabiner bietet er den Fahrgästen viel Platz, auch die Komfortausstattung ist nicht schlecht. Eher störend sind der fehlende Kofferraum, die lange Karosserie und der absolut betrachtet hohe Verbrauch.

Fahrdynamik★☆☆☆☆

Zugegeben, ein Pick-Up und Fahrdynamik sind zwei Elemente, die kaum weiter auseinanderliegen könnten. Aber da ich die Kriterien nicht nach Testwagen richte, sehe ich mich gezwungen, nur einen Stern zu vergeben, denn der Ranger vermittelt dem Fahrer mit seinen Pedalen und der Lenkung einfach kein Gefühl.

Umwelt ★★★☆☆

Der Ranger wird nur mit Dieselmotoren angeboten, was auch vernünftiger ist. Der kräftige 3.2 Liter Diesel verbraucht zwar bereits auf dem Papier 9.5 l/100 km, allerdings konnte ich im Test die Werksangabe mit 9.6 l/100 km fast einhalten. Wenn man das Gewicht und die – kaum vorhandene – Aerodynamik berücksichtigt, ist dies ein akzeptabler Wert.

Ausstrahlung ★★☆☆☆

Trotz der optischen Merkmale und der Komfortausstattung ist er mehr ein Arbeitstier als einer, der auf dem Boulevard glänzt.

Fazit ★★★☆☆

+ Grosszügiges Platzangebot für die Passagiere
+ Immense Zuladung und Zugkraft
+ Komfortable Federung
+ Akzeptabler Verbrauch
+ Umfangreiche Ausstattung
+ Vorbildliche Sicherheitsausstattung
+ Hohe Geländetauglichkeit

– Hoher Preis
– Umständliches Mediasystem mit kleinem Bildschirm
– Matschiges Bremsgefühl
– Unpräzise Lenkung
– Knorpelige Schaltung

(Bilder: Ford)

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