Nissan Qashqai: City-Eroberer

Nissan Qashqai
Qashqai – Der aufregendste Schlitten der Stadt

Der aufregendste Schlitten der Stadt. Diese Botschaft steht auf der Karte, die ich letztes Jahr zu Weihnachten von Nissan zugeschickt bekam. Besagter Schlitten wurde jetzt von mir getestet und zwar in einer Variante, die in der Schweiz wohl nicht sehr häufig anzutreffen sein wird, nämlich mit Frontantrieb. Man könnte jetzt die allgemeine Sinnfrage eines “SUVs” mit Frontantrieb in den Raum stellen, denn eigentlich ist er nur ein Möchtegern, der aussieht, als könnte er jede Menge, in Wahrheit aber ein zartes Blümchen ist, das bereits auf vereister Strasse ins Schwitzen geraten könnte. Doch anstatt weither gegriffene Thesen aufzustellen, beginne ich mit der Erkundung des aufregendsten Schlitten der Stadt.

Die Front verspricht jedenfalls ziemlich viel. Der Qashqai schaut mit einem strengen Blick in die Welt und steht selbstbewusst auf der Strasse. Das neue Nissan Markengesicht mit den zackigen Tagfahrlichtern und dem V-förmigen Grill verleiht ihm eine bullige Optik, die allerdings auf dem Weg nach hinten verloren geht, denn seine Kehrseite sieht zu verwechselbar aus und hinterlässt im Gegensatz zur Front keinen bleibenden Eindruck.
Der Innenraum ist sehr hochwertig und einwandfrei verarbeitet. Der Kunde hat die Wahl zwischen schwarzen und beigen Sitzen. Die Bedienung ist dank der aufgeräumten Mittelkonsole sehr leicht, ausserdem ist auch das NissanConnect Infotainmentsystem selbsterklärend und vor allem recht flink. Mittels Registrierung und der NissanConcet Smartphone App hat man auch im Auto Zugriff auf Apps, momentan allerdings nur Google und Facebook, wobei die in-Car Facebook-App absoluter Müll ist. Es werden in Zukunft wahrscheinlich weitere Apps entwickelt und zur Verfügung stehen.
Überzeugend ist im Qashqai das Raumangebot, denn sowohl vorne, wie auch in Reihe zwei reisen die Passagiere mit genügend Platz und auf bequemen Sitzen. Der durchdachte Kofferraum fasst 430 – 1585 Liter, wobei er über ein Tiefgeschoss verfügt und der Kofferraum mit einem Handgriff in zwei Bereiche unterteilt werden kann (siehe Bilder), damit beispielsweise Einkaufstaschen nicht umkippen.

Auf dem Papier wirkt mein Testexemplar zunächst sehr ernüchternd, denn unter der stark konturierten Motorhaube, die sich sportlich über die Kotflügel erstreckt, steckt ein vergleichsweise mickriger 1,2-Liter Vierzylinder Turbobenziner, der maximal 85 kW und 190 Nm mobilisiert. Die Kraft wird über ein manuelles 6-Gang Getriebe zur Vorderachse geleitet, Allradantrieb bleibt dem stärkeren 1,6-Liter Diesel vorbehalten, ein Bericht darüber wurde vom ptrlhead verfasst. Schade, dass sich Allradantrieb und Automatikgetriebe (ebenfalls nur für den stärkeren Diesel erhältlich) nicht kombinieren lassen.
Aber zurück zu meinem Mini-Benziner, der auf dem Papier mit einer Start-Stopp-Automatik und einem Verbrauch von 5,6 l/100 km überzeugen möchte. Dieser Benzinverbrauch mag für ein SUV auf den ersten Blick gering erscheinen, allerdings sind beide Diesel-Alternativen effizienter und kraftvoller, der Benziner punktet schlussendlich nur mit einem Preisvorteil von 4000 CHF zum schwächeren 1,5-Liter Diesel. Auf der Strasse verfliegt meine Skepsis allerdings ziemlich schnell, denn die 190 Nm müssen nur 1410 kg fortbewegen, ein Gewicht, was man dem Qashqai nicht zutraut, man würde ihn schwerer vermuten. Klar, der Motor ist kein Temperamentsbolzen oder Drehwunder, aber insbesondere in den ersten vier Gängen kommt man gut vorwärts, auch ein Überholmanöver gelingt ohne Angstschweiss. Erst ab dem fünften Gang wird der Durchzug zäh, aber damit lässt es sich leben, denn der Qashqai versteht sich sowieso als gemütlicher und komfortabler Gleiter. Das beginnt beim sehr laufruhigen Motor und der wirksamen Geräuschdämmung, der Qashqai fährt sich ausgesprochen leise. Es setzt sich fort bei der Lenkung, die auch im Sportmodus ziemlich leichtgängig ist und keine grosse Rückmeldung von der Strasse bietet. Das Fahrwerk ist top, da es sehr geschmeidig federt und durch gezielte, leichte Bremseingriffe Wank- und Nickbewegungen unterdrückt. Ein dickes Plus auf einer langen Autobahnetappe.
Was Nissan jedoch als Safety Shield (enthält Bewegungserkennung, Müdigkeitswarner, Tot-Winkel-Warner und aktiver Parkassistent) für 950 CHF verkauft und auf den ersten Blick wie ein Schnäppchen wirkt, entpuppt sich in der Praxis als Fehlinvestition, denn der Tot-Winkel-Warner funktioniert lediglich über Kameras, die bereits bei leichtem Regen den Dienst quittieren. Ein Müdigkeitswarner ist in meinen Augen sowieso entbehrlich, da man schliesslich selber merkt, ob man noch fahren mag oder nicht. Der automatische Parkassistent kann man sich ebenfalls schenken, da mit dem NissanConnect Mediasystem eine 360° Around View Ansicht aus der Vogelperspektive gezeigt wird, was das Parkieren stark vereinfacht und somit kann aus meiner Sicht auch auf den Bewegungssensor, der sich bewegende Hindernisse beim Parkieren erkennen soll, verzichtet werden.
Positiv dagegen ist, dass Spurhalteassistent, Verkehrszeichenerkennung, autonomer Notbremsassistent und Voll-LED-Schweinwerfer in der höchsten Ausstattungslinie Tekna (wie getestet) serienmässig dabei sind und auch zuverlässig funktionieren. Lediglich die Reichweite im Fernlichtbetrieb der LED-Scheinwerfer erschien mir knapp bemessen, da leuchten aktuelle Bi-Xenon-Scheinwerfer weiter.

Die auf der Karte versprochene Aufregung? Nun ja, die konnte ich ehrlich gesagt nicht entdecken. Der Nissan Qashqai überzeugt viel mehr als ausgewogener Allrounder, der mit dem Benziner das perfekte City-SUV darstellt und mit dem Diesel in Kombination mit Allradantrieb der perfekte Langsteckenbegleiter ist, der auch vor leichtem Gelände nicht zurückschreckt. Dank hochwertiger Ausstattung, cleveren Details, aktuellen Assistenzsystemen und einem interessanten Preis ab 24’990 CHF (Testwagen: 36’040 CHF) muss er sich vor der Konkurrenz nicht verstecken, im Gegenteil, seine Genger sollten sich gut vor ihm in Acht nehmen.
Würde Nissan ihm einen anständigen Tot-Winkel-Warner, die Kombination Allrad mit Automatikgetriebe und einen starken Benziner, der die Motorenpalette nach oben hin abrundet spendieren, dann… dann würde ich mich als Konkurrent sehr wohl aufregen.

Alltag ★★★★★

Der Nissan Qashqai ist der perfekte Begleiter, sowohl für jüngere Familien, wie auch für ältere Personen. Mit seinem grosszügigen Raumangebot, den angebotenen Assistenzsystemen, der Ruhe an Bord und der 360° Around View ist entspanntes Reisen garantiert.

Fahrdynamik ★★★☆☆

Auch mit einem stärkeren Motor wird aus dem Qashqai keine aktive Fahrmaschine, aber das will er auch gar nicht sein. Für den automobilen Alltag reichen seine Fähigkeiten locker aus. Trotzdem denke ich, dass ein starker Top-Motor (Nismo?) für viel Aufregung sorgen würde.

 Umwelt ★★★★☆

Die Dieselmotoren sind sehr effizient, zudem verfügen alle Motoren über eine Start-Stopp-Automatik. Der Benziner gönnte sich im Test 7,0 l/100 km, was ein akzeptabler Wert ist, allerdings auch gerne einen halben Liter tiefer sein dürfte.

Ausstrahlung ★★★★☆

Jaja, die versprochene Aufregung, die leider auf dem Weg nach hinten zu schnell verloren geht. Während die Front sehr selbstbewusst und präsent wirkt, gibt sich das Heck zurückhaltend und verwechselbar.

Fazit ★★★★☆

+ Gutes Preis-/Leistungsverhältnis
+ Sehr gute Verarbeitungsqualität
+ Hochwertige Ausstattung
+ Grosszügiges Platzangebot
+ Geschmeidiger Federungskomfort
+ Intuitives Infotainmentsystem
+ 360° Around View
+ Einige Assistenzsysteme im Angebot
+ Sparsame Motoren

– Tot-Winkel-Warner bei Regen unbrauchbar
– Schwaches Fernlicht
– Allradantrieb kann nicht mit Automatikgetriebe kombiniert werden
– Keine starke Motorisierung im Angebot
– Trügerisches Safety Shield Paket
– Fades Soundsystem

Steckbrief

Marke / ModellNissan Qashqai 1.2 Tekna
Preis Basis­modell / Testwagen24'990 CHF / 36'040 CHF
AntriebBenzin, Front­antrieb
Hubraum / Zylinder1197 ccm / R4
Getriebe 6-Gang manuell
Max. Leistung85 kW bei 4500 r/min
Max. Drehmoment190 Nm bei 2000 r/min
Beschleu­nigung 0–100 km/h10,9 s
Vmax185 km/h
Verbrauch Werk / CO2 Emissionen / Energieeffizienz5,6 l/100 km / 129 g/km / C
Verbrauch Test / CO2 Emissionen7,0 l/100 km / 161 g/km
Länge / Breite / Höhe4,38 m / 1,81 m / 1,59 m
Leergewicht1410 kg
Koffer­raum­volumen430 - 1585 l

(Bilder: Nissan)

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