Der BMW Z4 der Vorgänger-Generation wurde oft als weder Fisch noch Vogel kritisiert. Als schwerer Roadster mit Hardtop fiel er in die Lücke zwischen GT und Sportwagen. Gut möglich, dass es ohne die Kooperation mit Toyota (Supra und Z4 teilen sich die Plattform sowie den Antrieb) keinen Nachfolger gegeben hätte. Jetzt ist er aber da und tritt als M40i mit der Sechszylinder-Topmotorisierung zum Test an und schnell wird klar: Der Nachfolger ist nicht nur deutlicher positioniert, sondern bietet im Grunde sämtliche Kernelemente, die BMW als Hersteller zu bieten hat! Die wenigen Mankos, welche er hat, betreffen leider immer mehr Sportwagen.
Beim Design hat sich BMW weit zum Fenster raus gelehnt. Abgsehen von der flachen, dafür sehr breiten Niere hat der Z4 keine typischen Designmerkmale der Marke. Doppelscheinwerfer im Tagfahrlicht? Fehlanzeige. Hofmeisterknick? Fehlanzeige. Wiedererkennbare Rücklichter? Fahranzeige. Das macht das Auto einerseits sehr spannend, andererseits auch sehr verwechselbar. Abgesehen von der optischen Markenzugehörigkeit liegt der Z4 aber perfekt auf der Strasse: Flach, lange schnauze, kurzes und knackiges Heck sowie ein kompaktes Stoffverdeck. Das sieht doch schon mal sehr sportlich aus!
Auf den Fahrer fokussiert
Im Innenraum geht es genauso sportlich weiter. Die optionalen Sportsitze bieten nicht nur fantastischen Seitenhalt, sondern auch eine enorm tiefe Sitzposition. So soll es sein! Die Ergonomie ist BMW-typisch perfekt, ebenso Haptik und Verarbeitungsqualität. Ablagen sind für einen Roadster ausreichend vorhanden und da die Konnektivität auf dem Top-Niveau von BMW ist, dürfte dies der bestvernetzte Roadster überhaupt sein.
Warum es aber selbst bei einem M-Performance-Modell kein frei fonfigurierbares Digital-Cockpit mit einem zentralen Drehzahlmesser gibt, ist mir echt ein Rätsel. Diese komische, nicht veränderbare Darstellung mit Mini-Navigation im Zentrum sowie Tacho und Drehzahlmesser als Balken am Rand hat meiner Meinung nach nichts in einem Sportwagen zu suchen.
Ein Traum von einem Motor
Mit einem dunklen Grollen startet der Dreiliter-Reihensechser. Das seidenweich, weil nahezu perfekt ausbalancierte Aggregat ist freilich keine Neuentwicklung, sondern sorgt in verschiedenen Performance-Modellen, wie beispielsweise dem X3 M40i, für ordentlich Vortrieb. Doch im Gegensatz zum Tausendsassa-SUV lässt einen der Z4 stets spüren, wozu er gebaut ist.
Zwar liegt ihm das Cruisen ohne weiteres und die beflissene 8-Gang-Automatik hält die Drehzahlen bei Nichtgebrauchen der Leistung im Keller. Doch wirklich leise ist der Z4 aufgrund des Stoffverdecks nicht und auch die Dämpfer nehmen den Begriff «Komfort» im Komfort-Modus nicht allzu wörtlich. Dazu kommt eine sehr spitz ansprechende Lenkung, die auf der Autobahn fast schon nervös wirkt. Leider, leider wird der Z4 nur mit Automatikgetriebe angeboten. Ein weiterer Sportwagen der Neuzeit, welcher auf die Handschaltung verzichtet…
Keckes Heck
Doch bevor zuviel Trübsal geblasen wird, wechsle ich lieber in den scharfen Sport+-Modus. Der Roadster wirkt jetzt wie ein gespannter Pfeil im Bogen: jederzeit bereit, loszulegen! Befindet sich der Dreiliter in seiner Komfortzone über 2500 Umdrehungen, dann geht die Post so richtig ab. Mit einem kräftigen Punch im mittleren Drehzahlband fegt der Z4 davon, um im obersten Drittel dann noch richtig zu eskalieren! Dabei produziert einen schönen, hohen Klang, nicht sehr laut, aber fein komponiert, garniert mit Bollern im Schubbetrieb. Top!
Richtig in sein Element kommt der Roadster in kurvigem Geläuf. Als hätte er eine Allradlenkung, wirft sich der Z4 in die Kurve, rapportiert über die feinnervige Lenkung stets über die Befindlichkeit der Vorderachse. Doch Untersteuern ist augfrund der perfekten Gewichtsverteilung ohnehin kein Problem. Es ist die Hinterachse, die Aufmerksamkeit erfordert! Selbst mit aktivem ESP zappelt der Hintern bei zu forschem Gasgeben ordentlich. Wer das ESP in den Sport-Modus setzt, sollte sich der Tatsache bewusst sein, dass der Spielraum sehr grosszügig ist. Allerdings kann das eher wilde Heck auch den Winterreifen geschuldet sein.
Ein BMW durch und durch
Die ausgeprägte Sportlichkeit des Z4 macht auch im Alltag Laune. Jeder noch so kleine kurvige Abschnitt wird am Steuer des Roadsters viel intensiver wahrgenommen. Dazu kommt, dass er nicht mit Technik vollgestopft ist. Einen nervigen Spurhalteassistent gibt es nicht, dafür cleveres Matrix-LED-Licht. Ein echtes Fahrerauto eben! Allerdings hat das Vergnügen auch seinen Preis. Der nahezu komplett ausgestattete Testwagen schlägt mit stolzen 102’000 Franken zu buche. Dass es auch günstiger geht, zeigt Entwicklungs-Partner Toyota. Die Supra kostet – ebenfalls mit Vollausstattung – rund 20’000 Franken weniger und wiegt aufgrund der Coupé-Karosserie auch noch weniger als der nicht gerade leichte Z4. Da kann man schon ins Grübeln kommen…
Alltag
Konstruktionsbedingt kann man mit dem Roadster natürlich keine Zügelaktionen vornehmen. Für zwei Personen ist der Kofferraum aber ausreichend und für den alltäglichen Einsatz ist der Wagen übersichtlich und komfortabel genug.
Fahrdynamik
Die Paradedisziplin. Ein Traum von einem Motor mit viel Druck und hoher Drehfreude, zackiges und perfekt schaltendes Getriebe und als Tüpfchen auf dem i ein Heckantrieb, der einem stets spüren lässt, wann wie viel (oder zu viel) Kraft an der Hinterachse anliegt. Toller Sound, tolles Feedback, mitreissendes Handling, starke Bremsen: Bitte mehr von solchen Autos!
Umwelt
Ein Verbrauch von 8,6 l/100 km ist zwar nominell nicht niedrig, aber für einen Dreiliter-Motor mit dieser Leistung ist dieser Wert aller Ehren wert. Ein erneuter Beweis, dass Sportwagen effizienter als SUVs sind!
Ausstrahlung
Die Proportionen sind ausgezeichnet und sehr sportlich, darüber hinaus ist die Lackierung in «Frozen Orange» ein echter Eyecatcher! Leider lässt die optische Markenzugehörigkeit zu wünschen übrig.
Fazit
+ Sportliches Design mit ausgezeichneten Proportionen
+ Extrem tiefe Sitzposition mit starkem Seitenhalt
+ Schnelles und intuitives Infotainmentsystem
+ Vorbildliche Sportwagen-Ergonomie
+ Softtop – verringert das Gewicht und den Schwerpunkt
+ Starker, drehfreudiger Motor mit tollem Klang
+ Verwindungssteife Karosserie
+ Präzise Lenkung mit ausgezeichnetem Feedback
+ Mitreissendes, agiles Handling
+ Sehr kräftige Bremsen
+ Schnelles, stets perfekt schaltendes Getriebe
+ Akzeptabler Verbrauch
+ Matrix-Licht
+ Assistenzsysteme mit Mass vorhanden
– Hoher Preis
– Keine Handschaltung verfügbar
– Lenkung auf der Autobahn leicht nervös
– Unnötiges, nicht konfigurierbares Digital-Cockpit
Mängel am Testwagen
– Keine Mängel
Steckbrief
Marke / Modell | BMW Z4 M40i |
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Preis Basismodell / Testwagen | 78 500 CHF / 102 220 CHF |
Antrieb | Benzin, Heckantrieb |
Hubraum / Zylinder | 2998 ccm / R6 |
Motoranordnung / Motorkonzept | Frontmotor / Turbomotor |
Getriebe | 8-Gang Automatikgetriebe |
Max. Leistung | 250 kW bei 5000 - 6500 r/min |
Max. Drehmoment | 500 Nm bei 1600 - 4500 r/min |
Beschleunigung 0–100 km/h | 4,6 s |
Vmax | 250 km/h |
NEFZ-Verbrauch / CO2 Emissionen / Energieeffizienz | 7,4 l/100 km / 168 g/km / G |
Test-Verbrauch / CO2 Emissionen / Differenz | 8,6 l/100 km / 195 g/km / +16% |
Länge / Breite / Höhe | 4,32 m / 1,86 m / 1,30 m |
Leergewicht | 1637 kg |
Kofferraumvolumen | 281 l |
Bilder: Koray Adigüzel
1 thought on “BMW Z4 M40i: M wie meisterhaft”