Hochgelobt wird er, der Seat Leon Cupra. Alle scheinen ihn zu mögen. Wirklich alle? Ich tue mich bis heute etwas schwer mit ihm. Ich will ihn mögen, ernsthaft, weil er echt scharf aussieht. Aber genau diese Schärfe beim Fahren fehlte mir damals, als ich ihn vor zwei Jahren getestet habe. Dass die sieben zusätzlichen kW Leistung den Braten fett machen, glaube ich nicht. Aber Leistung war gar nie sein Problem. Der Leon Cupra ist verdammt schnell und gut, aber leider auch so verdammt unspektakulär, wenn man von seinem Design absieht. Im Gegensatz zu früher weiss ich nun aber, wonach ich mich sehne, was mir der Cupra nicht geben kann.
Der Grund für seinen Erfolg ist einfach. Er holt den Mainstream ab. Die breite Masse. Und ich habe je länger, desto mehr das Gefühl, dass ich anders ticke als der Durchschnittskäufer in der Schweiz. Ich ziehe Lexus und Infiniti den deutschen Platzhirschen vor. Ich mag Limousinen lieber als Kombis. Ich finde, Allradantrieb wird überbewertet. Und ich mag Sportwagen, die mir etwas abverlangen. Wo das Fahren ein Miteinander ist. Genau das ist das Problem vom Leon Cupra.
Aber vielleicht fange ich etwas positiver an. Anfangs war ich enttäuscht, dass sich der Cupra kaum vom normalen Leon unterscheidet, aber darüber bin ich mittlerweile hinweg. Der Spanier sieht aus jeder Perspektive zum anbeissen aus und ich denke, fast jeder stimmt mir zu, dass er derzeit etwas vom Schönsten ist, was der Volkswagen Konzern hergibt – ach was, die ganze Kompaktklasse wird vom Leon ausgestochen! Allenfalls die heisse Giulietta kann optisch noch mit ihm mithalten.
Im Innenraum geht es dann weniger progressiv zu und her. Die klare Gliederung verrät sofort, dass es sich um ein Auto aus dem MQB handelt. Dafür findet man sich prima zu Recht, die Ergonomie ist perfekt und die Verarbeitung gut. Ausserdem zeugen die Instrumente, die optionalen Schalensitze und die Ambientebeleuchtung durchaus von Sportlichkeit. So ganz nebenbei hat der Leon ausserdem ein tolles Infotainmentsystem erhalten, das nicht nur super zu bedienen ist, sondern MirrorLink, Android Auto und Apple CarPlay unterstützt. Das ist der fahrende Beweis an alle anderen, dass es keinen Grund gibt, sich auf ein System zu beschränken, wie es leider viele tun.
Damals, vor zwei Jahren, kritisierte ich vor allem Design (zu nahe am Standard-Leon), Infotainmentsystem, Getriebe, Sound und insgesamt fehlende Emotionen. Design finde ich mittlerweile okay, Infotainmentsystem wurde nachgebessert und auch das Getriebe schaltet sich etwas knackiger als früher, wie sofort bemerke, als ich mich hinters Steuer setze. Schnell wird klar, dass der Leon Cupra den Alltag absolut perfekt meistert. Im Innenraum hat man auf allen Plätzen gut Platz, der Kofferraum ist grosszügig bemessen, das Fahrwerk im Comfort-Modus sanft. Ausserdem sind Abstandstempomat, aktiver (!) Spurhalteassistent sowie Fernlichtassistent zum absoluten Schnäppchenpreis erhältlich. Unbedingt zugreifen, denn die Möglichkeit, das Fahrverhalten mit AAC individuell einzustellen, zeigt, wie ausgereift die Technik ist.
Doch am meisten interessiert mich eigentlich der Cupra-Modus, in welchem das ganze Auto auf scharf gestellt wird. Die Strecke ist abgesperrt (danke, Seat) und ich kann bis zum Gehtnichtmehr auf die Tube drücken. Glaubt mir, genau das habe ich gemacht. Die Strecke war mir fremd, sie war teils eng und verwinkelt – also insgesamt schwierig. Doch ich war schnell unterwegs. Der Leon Cupra zieht sehr stark und schön linear an, denn praktisch übers gesamte Drehzahlband steht das maximale Drehmoment an. Kurven meistert dank er der elektronischen Differenzialsperre fabelhaft: Kein Untersteuern, kein Zerren an der Lenkung. Mühelos wird man mit dem Cupra verdammt schnell, denn er ist nicht nur stark, sondern auch agil, direkt und präzise. Dann das grosse Aber: Davon spüre ich kaum etwas.
Der Leon Cupra ist wirklich ein tolles, heisses Auto. Aber warum lässt er mich kalt? Er ist zu unspektakulär. Sein Sound ist aussen gerade noch akzeptabel, innen verrichtet leider immer noch dieser doofe Sound Symposer seinen Dienst, dessen Sicherung ich am liebsten eigenhändig rauszerren würde. Ausserdem lässt der Leon alles so simpel erscheinen. Auch wenn das Getriebe etwas knackiger geworden ist, so sind Lenkung, Kupplung und Schaltwege meiner Meinung nach zu soft. Er leistet keinen Widerstand, er will nicht gebändigt werden. Er ist schnell, aber er lässt mich das nicht spüren. Ich muss weder für mein Tempo arbeiten, noch werde ich für meinen Einsatz mit rotzendem Sound belohnt.
Das ist der Grund, warum der Funke zwischen mir und dem Leon Cupra einfach nicht rüberspringen will. Wonach ich mich sehne ist das, was der Focus RS mir gibt. Das ist ein echter Kerl, der Widerstand bietet, röchelt und knallt und sogar zum Heckschwung ansetzt. Das alles würde dem Leon Cupra nie im Leben einfallen.
Es gab anschliessend eine zweite Runde, in der ich mit TCR-Weltmeister Stefano Comini mitfahren durfte. Stefano ist gefahren wie ein Wilder, hat teilweise sogar kurz die Handbremse gezogen, um den Heckschwung zu provozieren, aber das ist definitiv über meinem Niveau. Und auch mit ihm dasselbe Lied: Ich habe die Fahrt und das Tempo genossen, aber die erhoffte Faszination blieb aus. Das Auto ist einfach zu sanft und zu leise. Auch Stefano hat sehr locker gewirkt, für ihn schien mir das eine Kaffeefahrt zu sein.
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Schlussendlich bin ich nicht zufrieden, obwohl das Auto eigentlich so toll zum Fahren ist. Ein komisches Gefühl. Aber eine Art Dejà-Vu: Verdammt schnell, verdammt präzise, aber er bleibt mangels Emotionen einfach nicht gross in Erinnerung. Ich kann kaum etwas kritisieren. Er fährt sich super, ist gemütlich, technisch sehr gut ausgerüstet und preislich äusserst attraktiv. Aber er fasziniert mich nicht. Das ist sehr subjektiv, ich weiss. Vielleicht springt der Funke ja bei jemand anderem rüber? Es tut mir leid, aber ich und der Leon Cupra scheinen nicht füreinander gemacht.
Steckbrief
Marke / Modell Seat Leon Cupra 290 Preis ab 37 950 CHF Antrieb Benzin, Frontantrieb Hubraum / Zylinder 1984 ccm / R4 Motoranordnung / Motorkonzept Frontmotor / Turbomotor Getriebe 6-Gang manuell (alternativ auch 6-Gang DSG) Max. Leistung 213 kW bei 5900 - 6400 r/min Max. Drehmoment 350 Nm bei 1700 - 5800 r/min Beschleunigung 0-100 km/h Manuell: 5,8 s / DSG: 5,7 s Vmax 250 km/h (elektronisch abgeregelt) NEFZ-Verbrauch / CO2 Emissionen / Energieeffizienz Manuell: 6,7 l/100 km / 156 g/km / F
DSG: 6,6 l/100 km / 154 g/km / F Länge / Breite / Höhe 4,27 m / 1,81 m / 1,43 m Leergewicht 1536 kg Kofferraumvolumen 380 - 1210 l
(Bilder: Koray Adigüzel)
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