Der VW Golf R Variant ist ein Novum und vereint das Beste aus zwei Welten: Er ist kraftvoll und dynamisch, aber auch geräumig. Typisch VW, haben sich die Designer Designexperimente verkniffen, sodass der Platz im Innenraum sehr grosszügig ist. Ausserdem meint es VW erstaunlich ernst mit der Sportlichkeit. Die Lenkung ist ultradirekt und das ESP lässt sich komplett deaktivieren. Allerdings schiesst der Golf R beim Verbrauch und beim Geräuschpegel im Innenraum übers Ziel hinaus.
Zum ersten Mal gibt es den Golf R auch als Kombi. Wie der kleine R fällt er durch die aggressivere Frontschürze, vor allem jedoch durch die markanten vier Endrohre auf. Ein kleines, aber feines Designmerkmal sind die schwarzen Felgen mit den blauen Akzenten, welche super mit der Lackierung Lapiz Blue harmonieren. Ansonsten ist auch der böse R optisch ein ganz normaler, solider Golf.
Im Interieur setzen Zierleisten im Carbon-Look, Sportsitze sowie blaue Ambientebeleuchtung und blaue Zeiger sportliche Akzente. Aber viel auffälliger als diese Akzente sind die hervorragenden Platzverhältnisse. Auch zwei grosse Erwachsene sitzen bequem hintereinander, die Staufächer in den Türen sind riesig und auch der Kofferraum schluckt mit rund 605 Liter Volumen einiges weg. Es müssen diese Tugenden sein, weshalb die Leute den Golf mögen. Jedoch sprüht der Innenraum nicht gerade vor Charme, ausserdem wirkt der Golf R als Spitzenmodell nicht besonders edel. Vor allem der immense Aufpreis zum Seat Leon ST Cupra erscheint mir fragwürdig, aber dazu später mehr. Kombi hin und her, in erster Linie ist dies ein Golf R, deshalb gilt es herauszufinden, ob er der sprichwörtliche Wolf im Schafspelz ist.
Ich dachte ja immer, schlimmer als im Seat Leon Cupra kann es nicht mehr werden. Der Spanier enttäuscht mit seinem schwachen Motorsound, deshalb wird im Cupra-Modus im Innenraum mittels künstlich generiertem Motorsound ordentlich nachgeholfen. Dieses künstliche Gejaule wirkt auf mich jedoch eher ab- als anturnend. Im Golf R ist der echte Sound schöner und etwas markanter als im Leon. Zwar ist auch der Golf R kein Stimmwunder, aber er klingt angenehm kernig. Doch VW scheint das nicht zu reichen, weshalb auch im Golf R im Innenraum künstlich nachgeholfen wird – und zwar massiv. Im Golf ist die künstliche Verstärkung in jedem (sogar im Eco-Modus…) aktiv.
Der Ton klingt nicht nur offensichtlich künstlich, er ist sogar unangenehm laut. Insbesondere bei Steigungen und auf der Autobahn fällt der stärkste Golf durch tiefes, permanentes Dröhnen sehr unangenehm auf. Lärm macht krank, das ist erwiesen. So schlimm ist der Lärm im Golf dann auch wieder nicht, aber hätte ich das Auto länger, würde mich dieser Ton auch krank machen, weil er so gottverdammt daneben klingt. Bitte, wenn schon künstlich generierter Sound, dann dezent und nur im Sport-Modus… Wobei, einen Sport-Modus gibt es im R gar nicht, dafür einen Race-Modus. Ob der Name Programm ist?
Als einziger Golf verfügt der R über die Möglichkeit, das ESP komplett zu deaktivieren. Ein Sport-Modus für mehr Spielraum steht ebenfalls zur Verfügung. Ich muss zugeben, so enttäuscht ich vom Sound bin, so begeistert bin ich vom Fahrverhalten. VW hat mit dem Golf R nicht nur ein sportliches Auto, sondern einen Sportwagen kreiert. Logisch, schiebt der R unermüdlich an, aber es ist das Handling, welches ihn eine Liga höher katapultiert. Wie auf Schienen rast er dank permanentem Allradantrieb um Kurven, die Lenkung gibt nicht nur tolles Feedback, sondern ist mit weniger als zwei Umdrehungen von Anschlag zu Anschlag auch ultradirekt übersetzt. Sobald sich das adaptive Fahrwerk im schärfsten Fahrmodus gestrafft hat, bleibt der Golf selbst bei sehr hohen Kurventempi stabil in der Spur. Zwar ist das ESP ziemlich vorsichtig und greift hin und wieder ein. Doch wer es deaktiviert, schiebt den Grenzbereich sehr weit nach oben.
Jedoch haben wir es hier ja mit einem Kombi zu tun. Beim engagierten Fahren merkt man zwar überhaupt nichts von der zusätzlichen Länge oder dem zusätzlichen Gewicht, aber ein Kombi will ja auch ein praktisches Auto sein. Und allen Platzverhältnissen und Assistenzsystemen zum Trotz, aber die Geräuschkulisse auf der Autobahn ist in diesem Auto einfach zu hoch. Entspanntes reisen sieht definitiv anders aus. Wer einen sportlichen Kombi sucht, aber viel Autobahn fährt, sollte sich das mit dem Golf R Variant gut überlegen und bei der Probefahrt unbedingt einen Abstecher auf die Autobahn machen.
Mit seinem Fahrverhalten hat mich der Golf R Variant auf der ganzen Linie überzeugt. Er ist im Alltag herrlich einfach und unkompliziert zu fahren, ein typischer Golf eben. Doch wer das Biest in ihm entfesselt, erntet pure Fahrfreude. Gut gemacht, VW. Jedoch verstehe ich nicht, warum das künstliche Gedröhne derart penetrant sein muss und nicht deaktivierbar ist. Ausserdem finde ich, ist der Golf R seinen Preis nicht wert. Der Testwagen kostet über 63’000 Franken und angesichts der Tatsache, dass ein Leon Cupra ST bis auf den Allradantrieb und ein paar wenige Ausstattungsdetails fast identisch ist, frage ich mich, wodurch VW den deutlichen Preisunterschied von ca. 10’000 Franken rechtfertigt. Natürlich ist er sauber verarbeitet, aber besonders edel oder schön ist er nicht. Wer häufig sehr sportlich fährt, wird vom Allradantrieb vom Golf R profitieren. Wer nicht ganz so versiert ist, macht mit dem Seat wahrscheinlich den besseren Kauf. Eine ruhigere Geräuschkulisse gibt es gratis obendrauf.
Alltag
Mit seinem unkomplizierten Fahrverhalten und den tollen Platzverhältnissen wäre er der prädestinierte Alltagsheld. Aber dieser Lärm…
Fahrdynamik
Der Golf R macht keine Kompromisse. Er ist schnell, direkt, präzise und bei entsprechender Einstellung hart. Bei deaktiviertem ESP ist der Grenzbereich weit oben.
Umwelt
Was von Normverbräuchen zu halten ist, weiss man. Insofern rechnete ich mit einem höheren Verbrauch als 7,0 l/100 km. Jedoch finde ich 9,8 l/100 km schon ziemlich viel.
Ausstrahlung
Es ist halt ein Golf. Klar sieht er gut aus, aber auch im R-Trimm ist er noch lange kein Grund, sich nach ihm umzudrehen.
Fazit
+ Grosszügige Platzverhältnisse
+ Sehr bequeme Sportsitze
+ Perfekte Ergonomie
+ Diverse Assistenzsysteme erhältlich
+ Messerscharfe Lenkung
+ Adaptives Fahrwerk mit grosser Spreizung
+ Tolles Handling
+ Deaktivierbares ESP
+ Schöner Motorsound
+ Intuitives Mediasystem mit Annäherungssensorik
– Katastrophaler künstlicher Sound
– Hoher Verbrauch
– Ziemlich teuer
– Materialien nicht überall dem Preis entsprechend
– Keine Smartphone-Integration
Mängel am Testwagen
– Keine Mängel
Steckbrief
Marke / Modell VW Golf R Variant Preis Basismodell / Testwagen 51 500 CHF / 63'610 CHF Antrieb Benzin, Allradantrieb Hubraum / Zylinder 1984 ccm / R4 Motoranordnung / Motorkonzept Frontmotor / Turbomotor Getriebe 6-Gang Doppelkupplungsgetriebe DSG Max. Leistung 221 kW bei 5500 - 6200 r/min Max. Drehmoment 380 Nm bei 1800 - 5500 r/min Beschleunigung 0–100 km/h 5,1 s Vmax 250 km/h (elektronisch abgeregelt) NEFZ-Verbrauch / CO2 Emissionen / Energieeffizienz 7,0 l/100 km / 162 g/km / F Test-Verbrauch / CO2 Emissionen / Differenz 9,8 l/100 km / 227 g/km / +40% Länge / Breite / Höhe 4,66 m / 1,80 m / 1,48 m Leergewicht 1574 kg Kofferraumvolumen 605 - 1620 l
(Bilder: Koray Adigüzel)
Hoi Koray
Also ich finde wenn ein Auto 300 PS hat und über alle vier Räder angetrieben werden sind 9.8l/100km ok.
Klar die Angaben von VW sind tiefer, aber wo können solche Angaben schon eingehalten werden.
Keine Smartphone-Integration
Also wir hatten ja den Vorgänger und der hatte Smartphone Integration.
Gruss
Norbert
Naja, ich schaue eben immer auf die relative Abweichung beim Verbrauch und ein Plus von 40% finde ich schon viel.
Unter Smartphone-Integration verstehe ich Apple CarPlay oder Android Auto und das hat der Golf nicht.
Das Auto sieht wirklich sehr gut aus, mir gefällt vor allem das Cockpit bzw. der Innenraum. Auch wenn er nach dem Testfahrer nicht besonders hochwertig und sein Geld nicht unbedingt wert ist finde ich das Design sehr gut. Erstaunt bin ich über den hohen Kraftstoffverbrauch, da ich Volkswagen – im Vergleich zu anderen Herstellern wir beispielsweise Audi immer als sehr sparsam in Erinnerung hatte. Ich werde nach diesem Bericht trotzdem mal versuchen eine Probefahrt bei einer VW Garage zu bekommen. Lg G
Ich teile die Meinung nicht, dass der Golf 7 (in diesem Bericht der R Variant) für ein Auto mit einem Neuwagenpreis von über CHF 60’000 nicht gut verarbeitet ist. Man muss noch sagen, dass der Basispreis für den R Variant ab ca. CHF 52’000 beginnt.
Was ich loswerden wollte, ist, dass z.B. die 3er BMW’s der F30-F36 Baureihe meiner Meinung nach eine schlechtere Verarbeitung und Qualitätsanmutung als der Golf (R) haben. Trotz höherer Fahrzeugklasse. Von einem 1er BMW, der in der gleichen Fahrzeugklasse wie der Golf sein soll, gar nicht zu sprechen. Nimmt man einen +300 PS BMW 3er oder 4er (selber Innenraum), beginnen die Basispreise ab über CHF 60’000.00…
Es gibt besser verarbeitete Autos als den Golf 7 R Variant. Aber er ist meiner Meinung nach wirklich solide verarbeitet und kann sich gegen Autos wie den 1er und 3er BMW (Touring) gut schlagen.
Das sind nur meine persönlichen Erfahrungen mit den erwähnten Autos.
Ansonsten ein sehr guter Bericht. Die Meinung teile ich, dass der Golf R Variant ein sehr fahraktives Auto ist.