Es gibt nur einen Grund, warum mein Testwagen nicht auf Youporn, Pornhub und Co. landet: Weil ich keine Videos drehe. Auf besagte Portale würde der Wagen allerdings hingehören. Die Geräusche, die der Clubsport S von sich gibt, wenn man ihn hart rannimmt, sorgen bei Carfreaks zumindest für erhöhten Puls – wenn nicht mehr als nur das. Der Über-GTI ist eine Machtdemonstration sondergleichen. Mit ihm bricht VW endlich aus dem zugeschnürten Korsett und zeigt, wo der Hammer hängt, wenn man konsequent auf Performance setzt und die Alltagstauglichkeit einfach mal sein lässt. Hätte Gott einen Golf gebaut, er hätte es nicht besser hingekriegt. Und keine Sorge: Es gibt eine Kostprobe vom Sound. 😉
Bereits beim Anlassen grollt es so finster aus den Endrohren, dass man glaubt, sich verhört zu haben. Ein serienmässiger Golf? So böse? Jawohl! Wenn man über seine Schulter blickt und erkennt, dass die Rückbank fehlt, sollten die letzten Zweifel fallen. VW spasst mit diesem Auto definitiv nicht. Keine Rückbank, keine Mittelarmlehne, keine Hutablage, keine Dämmmatten, kein Tempomat, keine Einparkhile, keine Assistenzsysteme, keine Fondtüren, kein DSG sowie eine kleinere Batterie. Dafür eine neue Abgasanlage, geänderte Motorsteuerung mit mehr Leistung, Semi-Slicks von Michelin, gelochte Bremsscheiben sowie mehr Sturz an der Vorderachse, um zusammen mit dem Sperrdifferential dem Untersteuern entgegenzuwirken.
Das Resultat? Ein Leergewicht von 1360 Kilo sowie eine Zeit von 07:49:21 auf der Nordschleife. Rekord für Serienautos mit Frontantrieb! Wie versessen VW gewesen ist, zeigt die Tatsache, dass der eigene Rekord wenige Monate später mit 7:47:19 abermals verbessert wurde. Dumm nur, dass Rekorde vergänglich sind und Honda mittlerweile mit dem neuen Civic Type R die Zeit von 7:43:80 in den Asphalt gebrannt hat. Doch die Zahlenwelt ist die eine, die Gefühlswelt eine andere.
Vier Fahrmodi bietet der Clubsport S: Comfort, Normal, Individual (mit standardmässigem Setup für die Nordschleife) und Race. Der Eco Modus wurde rausgeschmissen (bringt leider keine Gewichtsersparnis) und eine Start-Stopp-Automatik ist zwar an Bord, aber bei jedem Motorstart standardmässig deaktiviert. Recht so. Also Race-Modus angewählt, erster Gang rein und los. Wie sich der stärkste GTI aller Zeiten anfühlt? Das lässt sich auch ohne Auto beschreiben: Einfach auf einen Stuhl sitzen und alle Muskeln anspannen. So fühlt er sich an!
Das Auto wirkt wie vorgespannt, er will dauernd losstürmen! Und das tut er auch, wenn man ihm den Marschbefehl erteilt. Der Turbo pfeift, die Abgasanlage röhrt und der GTI zieht, was das Zeug hält. Die Semis verbeissen sich in den Asphalt, sodass ab dem zweiten Gang die Kraft immer auf die Strasse gebracht wird. Der Motor dreht gierig hoch und schafft locker 7000 Umdrehungen. Die Golfball-Schaltung wandert knackig und präzise in die nächste Gasse, ausserdem kracht und bollert es beim abrupten Gas wegnehmen aus der Auspuffanlage, dass es eine wahre Wonne ist.
Fürs maximale Fahrerlebnis empfiehlt sich zudem der Sport-Modus vom ESP. Dann kann nämlich so heftig aus der Kurve rausbeschleunigt werden, dass es definitiv nicht mehr alle Beifahrer lustig finden. Der Clubsport S hat eine Spurtreue und Stabilität, wovon andere Fronttriebler nur träumen können. Der Grip scheint endlos zu sein, man kann sogar in die Kurve reinbremsen (!), ohne dass Heck oder Front verdächtig zucken, respektive schieben.
So rabiat der Clubsport S beim heizen über die Pässe ist, so lammfromm kann er beim Cruisen sein. Die Golf-Gene sind eben in ihm drin. Selbst im Race-Modus federt er nicht unbarmherzig, im Comfort-Modus wird er sogar richtig nachgiebig und lässt einem zusammen mit der leichtgängigeren Lenkung vergessen, dass man in einem nicht gerade alltäglichen GTI sitzt. Selbst das Parkieren geht ohne jegliche Hilfe recht einfach von der Hand, da das Auto übersichtlich ist.
Durch die fehlende Rückbank und Dämmung ist es aber stets laut im Auto, insbesondere auf der Autobahn. Obwohl er nicht abgeregelt und 265 km/h schnell ist, ist die Autobahn aufgrund mangelndem Tempomat nicht sein Revier, zumindest hierzulande. Gar nicht gern hat der Clubsport S übrigens Nässe. Bei Regen wird aus diesem krachenden Kompaktsportler ein olles Fortbewegungsmittel, um von A nach B zu kommen. Grund: Die Semis. So viel Grip sie auf trockenem Asphalt generieren, so wenig schaffen sie bei Regen. Mehr als Halbgas liegt erst ab dem vierten Gang drin. Auf nasser Strecke am ESP rumzufummeln ist darum eine ganz schlechte Idee.
Noch nie hat ein derart temperamentvoller Golf die Werkshallen von VW verlassen. Dass dies nicht jedermanns Sache ist, dessen sind sich die VW-Leute bewusst. Darum ist der Clubsport S auch nur als Kleinserie von 400 Einheiten gebaut worden. Er ist ein Imageträger un kein Massenprodukt. Es sind aber dennoch diverse Autos erhältlich, einfach mal auf Autoscout reinklicken. Ich bin mir ziemlich sicher, dass der limitierte Clubsport S eines Tages wieder eine Wertsteigerung erfährt, sofern er serienmässig bleibt.
Für einen Neupreis von rund 47’000 Franken bekommt man eine frontgetriebene Fahrmaschine, die der (feuchte) Traum aller Petrolheads ist. Der Clubsport S ist nicht nur verdammt schnell und stabil, er ist auch völlig idiotensicher zu fahren. Kann ein GTI noch besser werden? Nein. Diese Endstufe ist sowas wie der Himmel auf Erden. Man stelle sich jetzt einmal vor, VW würde das Konzept vom Clubsport S auf den Golf R übertragen… *sabber* Wo sind die Taschentücher?
Alltag
Kann man den Clubsport S als Alltagsauto bezeichnen? Man kann, sofern man die Ansprüche zurückschraubt. Grundsätzlich lassen sich die Bürden des Alltags problemlos mit dem Clubsport S absolvieren, aber der Komfort bleibt aufgrund des fehlenden Tempomat und dem lauten Reifengeräusch im Innenraum ziemlich auf der Strecke. Und als Zweiplätzer scheidet das Auto ohnehin bei vielen aus.
Fahrdynamik
Noch bin ich den neuen Civic Type R nicht gefahren. Deshalb bezeichne ich den GTI Clubsport S vorläufig als den vorherrschenden König der Fronttriebler. Nochmal: Nicht der Schub ist das Abgefahrenste, sondern, wie er die Kraft auf die Strasse bringt. Perfektes Handling, perfektes Getriebe – perfekte Fahrmaschine. Punkt.
Umwelt
Wen interessiert’s? An den 400 Clubsport S mit standardmässig deaktivierter Start-Stopp-Automatik, dafür mit modifizierter Benzinpumpe (das nenne ich mal Prioritäten setzen) geht die Welt nicht zugrunde. Wer das Auto so fährt, wie es sich gehört, erzielt logischerweise zweistellige Verbrauchswerte. Im Test waren es schlussendlich 9,3 l/100 km. Gar nicht so schlimm, oder?
Ausstrahlung
Man sieht ihm die Sportlichkeit an, aber für ein (ehemaliges) Rekordauto sieht der Clubsport S ziemlich zahm aus. Typisch VW. Technisch auf die Spitze getrieben, aber beim Design sind sie auf dem Boden geblieben. Hübsch ist ein GTI natürlich trotzdem immer. Vom normalen Clubsport unterscheidet er sich nicht.
Fazit
+ Kompromisslos auf Performance getrimmt
+ Geiler Motorsound
+ Drehfreudiger Motor
+ Diverse Fahrmodi inklusive Nordschleifen-Setting
+ Semi-Slicks für endlosen Grip und beste Traktion
+ Unbeirrbares, hochpräzises Handling
+ Sehr geringes Gewicht
+ Perfekt gestufte, knackige Handschaltung
+ Haltstarke und bequeme Schalensitze
+ Dreistufiges ESP
+ Gute Übersicht
+ Fairer Preis
– Erhöhte Sitzposition
– Permanent laute Fahrgeräusche, vor allem auf der Autobahn
– Wenig Grip bei Regen durch die Semis
Mängel am Testwagen
– Keine Mängel
Steckbrief
Marke / Modell | VW Golf GTI Clubsport S |
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Preis Basismodell / Testwagen | 46 500 CHF / 47 150 CHF |
Antrieb | Benzin, Frontantrieb |
Hubraum / Zylinder | 1984 ccm / R4 |
Motoranordnung / Motorkonzept | Frontmotor / Turbomotor |
Getriebe | 6-Gang manuell |
Max. Leistung | 228 kW bei 5800 - 6500 r/min |
Max. Drehmoment | 380 Nm bei 1700 - 5300 r/min |
Beschleunigung 0–100 km/h | 5,8 s |
Vmax | 265 km/h |
NEFZ-Verbrauch / CO2 Emissionen / Energieeffizienz | 7,3 l/100 km / 170 g/km / G |
Test-Verbrauch / CO2 Emissionen / Differenz | 9,3 l/100 km / 217 g/km / +27% |
Länge / Breite / Höhe | 4,27 m / 1,79 m / 1,45 m |
Leergewicht | 1360 kg |
Kofferraumvolumen | 380 - 1270 l |
Bilder: Koray Adigüzel
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