Toyota Prius PHEV: Reinkarnation

Der Toyota Prius steht sinnbildlich für ökologische Mobilität. Die erste, hierzulande weitgehend unbekannte Generation, wurde bereits 1997 in Japan mit einem Hybridantrieb eingeführt, in Europa hatte der Prius anno 2003 sein Debut, was mittlerweile auch schon über 20 Jahre her ist. Heutzutage ist ein Hybridantrieb normal geworden, dennoch hat es Toyota geschafft, seinem Vorzeige-Öko-Modell, welches in Europa nur noch als Plug-in-Hybrid angeboten wird, eine gewisse Eigenständigkeit zu verleihen. Aber das meiner Meinung nach allerwichtigste: der Prius ist zum ersten Mal richtig schön geworden!

Ich möchte eigentlich weder Toyota noch allen bisherigen Prius-Fahrern zu nahe treten, aber das Design des Hybrid-Modells war doch sehr kontrovers. Hauptsache anders, Hauptsache aerodynamisch, irgendwie exzentrisch oder skurril. Eine hohe Dachlinie, mickrige Räder sowie Rücklichter, die gefühlt beim Hinterrad enden, sind nun ebenfalls nicht das, was man als automobilen Design-Nimbus bezeichnen würde.

2024 Toyota Prius PHEV
Die Silhouette ist extrem flach, die Räder sind wohlproportioniert.

Sportliche Proportionen

Und jetzt das! Würde da nicht Prius draufstehen, man könnte meinen, es handelt sich um eine komplett neue Modell-Linie der Japaner. Der einst so verschrobe Japaner sieht nun aus wie ein kompaktes Sportcoupé: Extreme Keilform, rundum äusserst schlanke Scheinwerfer, getarnte hintere Türen, anständig dimensionierte Räder, sinnliche Flächen und ein Winkel der Frontscheibe, die eher an einen Lamborghini Huracán als an einen Prius erinnert. Unglaublich. Besonders gut gefällt mir auch, wie reduziert das Design ist. Keine unnötig heruntergezogene Linien mehr, keine Sicken und Wellen; einfach ein cleanes, ästhetisches und wohlproportioniertes Auto.

2024 Toyota Prius PHEV
Die Front wirkt glatt und futuristisch, der Kühlergrill ist dezent.

Im Innenraum ist dann, wie bei den meisten Toyota-Modellen, leider nicht mehr viel vom äusserlichen Charme übrig. Auch der Prius präsentiert mehrheitlich Schwarz in Schwarz, Klavierlack, graue Zierelemente sowie eine hellblaue Ambientebeleuchtung sorgen immerhin für etwas Abwechslung. Rügen muss ich dafür einmal mehr die Verarbeitungsqualität. Der Prius wirkt nicht überall solide und dass etwa die Abdeckung für die Mittelkonsole zumindest beim Testwagen eine sehr lottrige Angelegenheit war, geht eigentlich gar nicht. Toyota ist schliesslich keine Low-Budget-Marke, auch wenn noch Lexus darüber rangiert.

2024 Toyota Prius PHEV
Das Cockpit glänzt mit einfacher Bedienung. Die Verarbeitung dürfte liebevoller und hochwertiger sein.

Was die Platzverhältnisse angeht, so muss man zugeben, dass die neuen, sportlichen Proportionen nicht nur Vorteile mit sich bringen. Dem Fahrer mangelt es an nichts, die tiefe Sitzposition passt. Leider fangen die Probleme schon beim Beifahrer an, denn bei dessen Sitz hat sich Toyota die Höhenverstellung gespart. Auch im Fond ist der Platz nicht sonderlich luftig, das Dach drückt schon ziemlich. Die Beinfreiheit ist dafür gut. Weniger gut ist dafür der Kofferraum, der ist schon ordentlich geschrumpft. Aber wie man von Toyota hört, hat man den Prius im Wissen darum so gestaltet, dass nicht mehr jeder zweite Taxifahrer den Wagen als Geschäftsfahrzeug wählt.

2024 Toyota Prius PHEV
Als Fahrer sitzt man gut eingebettet und bequem, als Beifahrer thront man leider zu hoch im Auto.

Der Name verpflichtet

Grundsätzlich hebt sich der Prius heute mit seinem Antriebskonzept nicht mehr von der Masse ab, auch wenn er jetzt in Europa nur noch als Plug-in-Hybrid angeboten wird. Doch während insbesondere Premium-Hersteller dazu neigen, den Plug-in-Hybrid-Antrieb dazu zu verwenden, um weiterhin Autos mit 400 kW oder mehr zu bauen und dennoch eine vernünftige Energieeffizienzkategorie zu erhalten (die in der Praxis allerdings genau gar nichts taugt), treiben die Japaner das Konzept beim Prius auf die ökologische Spitze. Untypisch für einen PHEV ist nämlich, dass der Elektromotor beim Prius stärker als der Verbrenner ist. Zwar ist die elektrische Reichweite mit 71 Kilometer nach WLPT nicht rekordverdächtig, das Konzept als solches jedoch schon.

2024 Toyota Prius PHEV
Das Fahrerdisplay ist verschachtelt und wirkt eher veraltet.

Wenn der Prius nebst gut aussehen nämlich etwas kann, dann sparsam mit den Ressourcen umgehen. Seine relativ hohe elektrische Reichweite holt er nämlich nur aus 13,6 kWh/100 km. Der Verbrenner ist zwar eine 2-Liter-Maschine, das Aggregat ist aber dennoch auf maximale Effizienz und hohen Wirkungsgrad getrimmt. Ich bin im Test definitiv nicht auf maximaler Sparflamme unterwegs gewesen und bin auch relativ viel Autobahn gefahren, wo der Prius aus konzeptionellen Gründen seine Vorteile nicht voll ausspielen kann. Dennoch standen am Ende nebst drei leergefahrenen Akkus nur 4,2 l/100 km auf der Uhr. Ein Wert, den ich mit einem Plug-in-Hybrid so noch nie erzielt habe. Ebenfalls lobenswert ist das Leergewicht vom Prius, welches nur 1670 Kilo beträgt. Toyota als stiller, heimlicher Leichtbaumeister, wer hätte das gedacht?

2024 Toyota Prius PHEV
Man ist stolz auf die Historie und die Neuauflage.

Fahrfeeling steht nicht im Vordergrund

So sexy der Prius mittlerweile auch aussieht, im Kern ist er immer noch das auf Sparsamkeit gedrillte Auto geblieben. Aus sportlicher Sicht sollten die Erwartungen daher tief sein, denn der Japaner ist mehr Schaukelpferd als verbindliches Auto. Rückmeldung von der Fahrbahn ist ebenfalls eindeutig nicht die Kernkompetenz des Autos, aber das ist okay, denn möglichst ökologisch und doch noch sportlich zu sein ist ein Kompromiss, der gar nicht aufgehen kann. Und es ist ja nicht so, dass Toyota aus fahrdynamischer Sicht komplett untätig war: Mit einer Systemleistung von 164 kW kann man jetzt tatsächlich auch in einem Prius von Leistungsreserven sprechen. Ausserdem sorgt der starke Elektromotor dafür, dass der Verbrenner weniger gefordert ist und somit weniger oft laut werden muss aufgrund des stufenlosen Getriebe. Obwohl, diese Baustelle hat Toyota mittlerweile definitiv beseitigt, denn der Prius ist ein ausgesprochen leises Auto. Wer darauf verzichten kann, auf einem Pass mit den Motorrädern Schritt zu halten, hört das Auto praktisch nie kläglich jaulen.

2024 Toyota Prius PHEV
Das Design wirkt zwar sportlich, fahrerisch ist der Prius aber ganz entspannt.

Eher mal hört man ein Assistenzsystem klagen, welche teilweise leider relativ sensibel justiert sind. So hatte ich im Test einen Piepser des Notbremsassistenten, mehrere Bremsungen des Parkassistenten sowie unzählige Ermahnungen aufgrund der Fahreraufmerksamkeit. Spurhalte-Assistent und ISA-Tempolimitwarner müssen umständlich über das Cockpit deaktiviert werden. Überhaupt wirkt das ziemlich monochrome Cockpit des Prius mit seinen kryptischen Abkürzungen ziemlich aus der Zeit gefallen.

2024 Toyota Prius PHEV
Das Solardach ist in den höheren Ausstattungslinien serienmässig verbaut.

Prius fahren ist heute weniger als auch schon ein Bekenntnis, einfach, weil sich der Hybrid- und Plug-in-Hybrid-Antrieb im Verlauf der Jahre massiv verbreitet hat. Doch wenn jemand das Konzept aus ökologischer Sicht ausreizt, dann Toyota. Natürlich sind die 0,7 l/100 km nach WLTP genormter Müll, aber das Auto hat bewiesen, dass es in jeglicher Hinsicht grosses Sparpotenzial aufweist – und vor allem, ohne aufgrund mangelnder Leistung ein Verkehrshindernis zu sein. Preislich sind für ein Prius in Vollausstattung wie im Test dargestellt rund 50’000 Franken fällig. Angesichts der Leistung, des enormen Sparpotenzials und der Ausstattung ein fairer Preis, wie ich finde. Nur bei der Verarbeitungsqualität sollte Toyota mal grundsätzlich über die Bücher, da besteht Luft nach oben.

2024 Toyota Prius PHEV
Mit seinem starken Elektromotor und dem auf Sparsamkeit getrimmten Antriebsstrang überzeugt der Prius als Konzept und fahrerisch.

Alltag 4.5 out of 5 stars

Ein Alltagsheld ist der Prius mit der knappen Kopffreiheit und vor allem dem nicht sonderlich grossen Kofferraum nicht. Dafür ist er handlich, übersichtlich und nicht sehr gross.

Fahrdynamik 2.5 out of 5 stars

Der Sportmodus ist vorhanden und sorgt dafür, dass es mit beiden Motoren kombiniert einigermassen zügig vorwärts geht. Die Kurvendynamik bleibt davon jedoch unangetastet und eher schwammig.

Umwelt 5 out of 5 stars

Die absolute Paradisziplin. Der Japaner geht sowohl mit dem Strom, als auch mit dem Benzin sehr sparsam um, was vor allem im kombinierten Hybridbetrieb für einen ausgesprochen niedrigen Verbrauch sorgt.

Ausstrahlung 4 out of 5 stars

Der neue Prius ist definitiv etwas fürs Auge, seine coupéhafte, flache Linie verbessert die Proportionen im Vergleich zum Vorgänger erheblich. Obwohl die Neuauflage flacher baut, hat sich der cW-Wert etwas verschlechtert.

Fazit 4 out of 5 stars

+ Ansehnliches, eigenständiges Design
+ Tiefe Sitzposition (nur Fahrer)
+ Intuitives Infotainmentsystem mit guter Sprachsteuerung
+ Sehr tiefe Verbrauchswerte in der Praxis
+ Allgemein sehr ruhiger Antriebsstrang, geschmeidiges Fahren
+ Geringe Wind- und Abrollgeräusche
+ Ausreichende Leistung
+ Matrix-Licht
+ Preislich fair

– Kleiner Kofferraum
– Verarbeitungsqualität verbesserungswürdig
– Altbackenes Cockpit mit verwirrenden Abkürzungen und umständlich vorzunehmenden Einstellungen
– Teils früh piepsende und eingreifende Assistenzsysteme
– Beifahrersitz zu hoch

– Keine Mängel

Steckbrief

Marke / ModellToyota Prius
Preis Basismodell / Testwagen42 900 CHF / 50 850 CHF
AntriebBenzin Plug-in-Hybrid / Frontantrieb
Hubraum / Zylinder1987 ccm / R4
Motoranordnung / MotorkonzeptFrontmotor / Saugmotor + Elektromotor
GetriebeStufenloses Automatikgetriebe
Max. Systemleistung164 kW
Max. Systemdrehmoment208 Nm
Vmax177 km/h
Beschleunigung 0 - 100 km/h6,8 s
Elektrische Reichweite nach WLTP71 km
Batteriekapazität13,6 kWh
WLTP-Verbrauch / CO2 Emissionen / Energieeffizienz0,7 l + 13,3 kWh/100 km / 16 g/km / A
Test-Verbrauch / CO2 Emissionen / Differenz4,2* l/100 km / 96 g/km / +500%
Länge / Breite / Höhe4,60 m / 1,78 m / 1,42 m
Leergewicht1670 kg
Kofferraumvolumen284 - 1120 l

*Hoher Testverbrauch: Aufgrund mangelnder privater Lademöglichkeit werden Plug-in-Hybride während des Testzeitraums unregelmässig geladen. Dies resultiert in überdurchschnittlich hohen Verbräuchen.

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