Klare Sache: Kia positioniert den Sportage als Lifestyle-SUV, erst Recht in der schicken und prall ausgestatteten GT-Line. Da ändern auch die Bergabfahrhilfe sowie die 50:50-Sperre des Allradantriebs nicht viel am Konzept. Es ist fast schon schade, den weiss glänzenden SUV in der Kiesgrube all dem Staub und Dreck auszusetzen. Deshalb wollte ich herausfinden, welchen Komfort der Sportage im Alltag bietet und ob doch ein Hauch GT im Handling besteht.
Zugegeben, ich finde sein Design leicht gewöhnungsbedürftig. Normalerweise sehen Autos von vorne immer sehr gut aus, während das Heck eher langweilig und dezent wirkt. Beim Sportage ist es irgendwie umgekehrt. Er macht von hinten mit der kleinen Heckscheibe und den schmalen Rücklichtern sowie der zweiflutigen Abgasanlage einen top Eindruck, während er vorne weder bullig noch sportlich, sondern eher komisch daherkommt. Wahrscheinlich liegt es an den weit oben positionierten Scheinwerfern. Schade auch, dass die «Ice Cubes» nicht als Tagfahrlicht, sondern nur als Nebellampen eingesetzt werden.
Der Innenraum ist dann wieder durch und durch konventionell gehalten. Ein Sport-Lenkrad sowie Edelstahl-Pedale bringen sportliches Flair ins Interieur. Ansonsten will es der Sportage seinen Insassen vor allem gemütlich machen. Mit sehr bequemen Sitzen, viel Platz im Fond, Lenkradheizung, Sitzlüftung vorne sowie Sitzheizung rundum bleiben nicht mehr viele Wünsche offen. Die Materialien sind nicht speziell edel, aber dem Preis mehr als nur angemessen.
Der Sportage macht vieles richtig, allerdings verstehe ich nicht, warum man die Lämpchen hinter den Sonnenblenden manuell betätigen muss und warum nur das Fenster auf der Fahrerseite über Auf-und Abwärtsautomatik verfügt. Da wurde meiner Meinung nach am falschen Ort gespart. Cool ist dagegen die automatische Heckklappe, die sich durch blosses Anstehen mit dem Schlüssel in der Tasche öffnen lässt. Es dauert zwar einen Moment, aber ist viel gescheiter als dieses doofe Wedeln mit dem Fuss, was eh nie funktioniert.
Der Sportage verspricht viel. Sein 2,0-Liter Diesel mit 136 kW und 400 Nm scheint ein kräftiger Geselle zu sein, doch der Schein auf dem Papier täuscht. Bei alltäglichen Fahrten wirkt der Sportage eher behäbig, erst im Sport-Modus wird er ein bisschen leichtfüssiger, doch nach 136 kW fühlt es sich nie an. Dafür ist der Motor bei Betriebstemperatur einigermassen kultiviert und nervt nicht durch unschöne Geräusche oder Vibrationen. Was das Handling betrifft, kann ich fast nur das wiederholen, was ich beim Cee’d schon erzählt habe. Angesichts dessen, dass der Sportage keine sportlichen Attitüden pflegt, macht er seine Sache ganz gut. Er ist weit davon entfernt, ein schwankendes Schiff zu sein und auch das ESP wirft nicht bei der ersten flott gefahrenen Kurve den Anker.
So richtig in sein Element kommt der Sportage auf der Autobahn. Er federt vorzüglich, ist aber lauter als der Cee’d dessen hervorragendes Innenraumgeräusch mich enorm begeistert hat. Nichtsdestotrotz kann ich aus Erfahrung bestätigen, dass stundenlanges Autobahnfahren im Sportage trotz fehlendem Abstandstempomat sehr entspannend ist. Letzterer ist auch das Einzige, was ihm fehlt, denn mit Tot-Winkel-Warner, aktivem Spurhalteassistent, Notbremsassistent und Parkassistent ist der Sportage sehr umfangreich ausgerüstet.
Ich mag den Sportage deswegen, weil er trotz modernem, schnittigem Design keine Abstriche beim Platzangebot macht und auf gekünstelte Sportlichkeit verzichtet, dafür mit hohem Fahrkomfort verwöhnt. Schade, hat Kia im Innenraum an offensichtlichen Stellen gespart. Ebenfalls nicht überzeugend ist der Diesel, dessen Leistung ich auf der Strasse nicht nachvollziehen kann. Darüber hinaus hat er sich als recht durstig erwiesen. Kaum sparsamer, aber vielleicht sportlicher ist der ebenfalls erhältliche Turbobenziner. Trotz kleinen Schwächen finde ich, bekommt man von Kia mit dem Sportage in der GT-Line für 45’640 Franken viel Auto fürs Geld. Für alle Fälle kann er natürlich auch abseits der Strasse etwas, aber viel wichtiger ist doch, dass er auf der Strasse fahrtechnisch eine gute Figur abgibt. Und auf den Fotos gibt er doch auch in der Kiesgrube eine gute Figur ab. 😉
Alltag
Der Sportage sollte allen Ansprüchen des automobilen Alltags gerecht werden. Er ist geräumig, gemütlich und mit einer Vielzahl an Assistenzsystemen ausgestattet. Einzig die automatische Heckklappe dürfte etwas schneller funktionieren.
Fahrdynamik
Der Motor ist in der Praxis nicht so stark, wie er auf dem Papier scheint. Das Handling ist für ein SUV ausgewogen. Nicht sportlich, aber auch nicht schwammig.
Umwelt
Okay, ein Stück deutsche Autobahn war auch dabei, trotzdem sind 8,1 l/100 km etwas zu viel. Zudem fehlt eine Start-Stopp-Automatik.
Ausstrahlung
Der Sportage verfügt über ein sehr stylisches und schnittiges Heck. Die Front ist gewöhnungsbedürftig.
Fazit
+ Ausgewogenes Handling
+ Gute Ergonomie
+ Gute Verarbeitung
+ Grosszügige Platzverhältnisse
+ Kultivierter Motor
+ Sehr fairer Preis
+ Äusserst umfangreiche Ausstattung
+ Zahlreiche Assistenzsysteme
+ Heckklappe, die durch blosses Anstehen öffnet
– Hoher Verbrauch
– Keine Start-Stopp-Automatik
– Eher träge Beschleunigung
– Sichtbare Sparmassnahmen im Innenraum
Mängel am Testwagen
– Keine Mängel
Steckbrief
Marke / Modell Kia Sportage GT-Line Preis Basismodell / Testwagen 23 950 CHF / 45 640 CHF Antrieb Diesel, Allradantrieb Hubraum / Zylinder 1995 ccm / R4 Motoranordnung / Motorkonzept Frontmotor / Turbomotor Getriebe 6-Gang Automatikgetriebe Max. Leistung 136 kW bei 4000 r/min Max. Drehmoment 400 Nm bei 1750 - 2750 r/min Beschleunigung 0–100 km/h 11,5 s Vmax 201 km/h NEFZ-Verbrauch / CO2 Emissionen / Energieeffizienz 6,3 l/100 km / 166 g/km / F Test-Verbrauch / CO2 Emissionen / Differenz 8,1 l/100 km / 213 g/km / +29% (inkl. DE-Autobahn) Länge / Breite / Höhe 4,48 m / 1,86 m / 1,65 m Leergewicht 1690 kg Kofferraumvolumen 491 - 1480 l
(Bilder: Koray Adigüzel)
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