Die Zeiten, in denen Opel mit den OPC-Modellen richtige Kracher auf die Räder stellte, sind schon lange vorbei. Nun haben die Rüsselsheimer aber das Kürzel GSe aus ihrer Historie ausgegraben und fortan sind besagte GSe-Modelle die neuen, sportlichen Topmodelle der jeweiligen Baureihe. Die Modifikationen beschränken sich allerdings auf Anpassungen an Fahrwerk und Lenkung, der PHEV-Antrieb bleibt unverändert. Im Test zeigt der Astra ST GSe, wie viel Sportlichkeit hinter dem Kürzel steckt und was man alles vom beschaulichen Aufpreis erwarten kann.
Optisch zeigt sich der Astra ST GSe von der dezenten Seite. Zwar ist bereits der standardmässige Astra schnittig designt, was aber zur Folge hat, dass das Topmodell sich kaum davon unterscheidet. Eine leicht kantigere Front, exklusive Felgen und der Schriftzug am Heck weisen auf das Topmodell hin. Nichts aufregendes, aber dennoch stylisch. Im Innenraum gibt es neue Integralsitze, die aber dennoch eher zu einem komfortablen Wagen passen würden. Der Seitenhalt lässt stark zu wünschen übrig und auch die weiche Polsterung wird einem sportlich angehauchten Modell kaum gerecht.

Enger Kombi
Ansonsten ist der Innenraum identisch mit allen anderen Astra-Modellen. Positiv ist nach wie vor die einfache Bedienung dank einer üppigen Anzahl an Knöpfen. Ein Nachteil, insbesondere vom Kombi-Modell, ist die schlechte Raumausnutzung durch das sportliche Design. Es fehlt im Fond an Kopf- und Kniefreiheit und auch der Kofferraum ist kein Ausbund an Kombi-Qualitätsware, sodass der Astra ST GSe mehr als stylische Alternative zum omnipräsenten SUV-Hype verstanden werden kann. Eine Anhängerkupplung ist zwar auf Wunsch verfügbar, doch die maximale Zuglast hält sich mit 1450 Kilo in Grenzen.

Auf den ersten Blick ganz normal
Zwar verfügt der Astra GSe über mehr Leistung als das Hybridmodell ohne das sportliche Kürzel (165 vs. 132 kW), aber davon spürt man im Normalbetrieb herzlich wenig. Der GSe fährt wie seine braven Brüder und wie jedes Hybrid-Modell auch: Er startet im Elektro-Modus, wenn genug Strom vorhanden ist oder fährt ansonsten im klassischen-Hybrid-Modus. Dessen Kalibrierung ist auch identisch zu den übrigen Astra-Modellen, weshalb man vom GSe-Spirit auch so wenig mitbekommt. Dafür punktet das sportliche-Modell mit demselben Fahrkomfort und tiefem Geräuschniveau wie die übrigen Modelle auch.

Sport mit Einschränkungen
Dass Opel aber tatsächlich etwas getan hat, wird im Sport-Modus deutlich, der im Gegensatz zu den anderen Astra-Modellen im GSe tatsächlich seine Daseinsberechtigung hat. Die Dämpfer arbeiten nun deutlich straffer und das Einlenkverhalten geht williger vonstatten. Ebenfalls überarbeitet wurde die Bremse, die jetzt einen besseren Druckpunkt bietet und somit präziser dosierbar ist. Mit seinen verbesserten Handling-Fähigkeiten macht der Astra GSe in kurvigem Geläuf wahrlich Spass, jedoch bleibt der Hybridantrieb sein grösster Schwachpunkt. Dieser ist nämlich handelsübliche Konzernware von Stellantis und wird unverändert auch in diversen Modellen von Peugeot oder DS eingesetzt. Es wäre wünschenswert gewesen, wenn Opel hier etwas Motortuning betrieben hätte, denn sowohl der Antrieb als auch das Getriebe verfolgen eigentlich einen ökologischen Ansatz und das beisst sich halt mit einer sportlichen Fahrwerksabstimmung.

Preislich attraktiv
Als Sportmodell oder gar als Hot Hatch würde ich den Opel Astra GSe daher auf keinen Fall bezeichnen. Er ist mehr ein Light-Sport-Modell, das über ein optimiertes Fahrwerk verfügt. Mehr Freude am Fahren bietet er trotzdem, ausserdem ist er als Topmodell sehr umfangreich ausgestattet. Interessant in diesem Zusammenhang ist auch, dass Opel im Verlauf der Zeit die Preise reduziert hat. Der standardmässige Astra-PHEV, der nicht mal ein Kombi war, kostete vor zwei Jahren 53’470 Franken, während der sportlichere GSe-Kombi bloss mit 49’790 Franken angeschrieben ist. Man bekommt also deutlich mehr Auto für deutlich weniger Geld und das ist wohl der grösste Pluspunkt vom Astra allgemein: Er ist ein wirklich gutes und adrett aussehendes Auto zu einem ausgesprochen fairen Preis.

Alltag 
Der praktischste Kombi ist der Astra GSe nicht. Er bietet im Fond überraschend wenig Platz und auch der Kofferraum ist nicht mega gross bemessen. Dafür ist er handlich, übersichtlich und kann immerhin leichte Anhänger ziehen.
Fahrdynamik 
Von einem Sportmodell zu sprechen, wäre vermessen, obwohl das Handling und die Lenkung sich durchaus sehen lassen können. Allerdings macht der träge PHEV-Antrieb dem Fahrspass einen Strich durch die Rechnung.
Umwelt 
Der Testverbrauch von 6,6 l/100 km ist angesichts wenigen Ladungen im Test gar nicht mal schlecht.
Ausstrahlung 
Opel positioniert den Astra nicht als Nutzesel, sondern als stylischen Kombi und das sieht man ihm auch an – es ist ein knackiges Auto mit sportlichen Linien.
Fazit 
+ Schnittiges Design
+ Gute Ergonomie
+ Intuitives Bedienung
+ Sehr gute Verarbeitungsqualität
+ Niedriger Geräuschpegel
+ Hoher Fahrkomfort
+ Agiles und sportliches Handling im Sport-Modus
+ Exzellentes Matrix-Licht
+ Niedriger Preis
– Träger Hybridantrieb
– Geringe elektrische Reichweite
– Enge Platzverhältnisse im Fond
– Sitze mit geringem Seitenhalt
– Langsames Infotainmentsystem
– Keine Mängel
Steckbrief
Marke / Modell | Opel Astra ST GSe |
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Preis Basismodell / Testwagen | 47 330 CHF / 49 790 CHF |
Antrieb | Benzin Plug-in-Hybrid / Frontantrieb |
Hubraum / Zylinder | 1598 ccm / R4 |
Motoranordnung / Motorkonzept | Frontmotor / Turbomotor + Elektromotor |
Getriebe | 8-Gang-Automatikgetriebe |
Max. Systemleistung | 165 kW |
Max. Systemdrehmoment | 360 Nm |
Vmax | 235 km/h |
Beschleunigung 0 - 100 km/h | 7,5 s |
Elektrische Reichweite nach WLTP | 56 km |
Batteriekapazität | 12,4 kWh |
WLTP-Verbrauch / CO2-Emissionen / Energieeffizienz | 1,4 l + 18,2 kWh/100 km / 32 g/km / D |
Test-Verbrauch / CO2-Emissionen / Differenz | 6,6* l/100 km / 151 g/km / + 371% |
Länge / Breite / Höhe | 4,64 m / 1,86 m / 1,48 m |
Leergewicht | 1781 kg |
Kofferraumvolumen | 466 - 1483 l |















Bilder: Koray Dollenmeier
*Hoher Testverbrauch: Aufgrund mangelnder privater Lademöglichkeit werden Plug-in-Hybride während des Testzeitraums unregelmässig geladen. Dies resultiert in überdurchschnittlich hohen Verbräuchen.