Pick-Ups erleben aktuell auch in Europa einen ziemlichen Aufwind. Die Koreaner waren diesbezüglich Vorreiter, denn der Musso ist bereits die zweite Pick-Up-Generation und beerbt den Actyon Sports. Der Musso bieten den Insassen ein komfortables Ambiente, kann aber auch ordentlich zupacken und fühlt sich im härteren Gelände ebenso zu Hause wie auf Schnee und Asphalt. Wie es halt bei Pick-Ups so ist, ist für den Alltagseinsatz zusätzliches Zubehör empfehlenswert. Ausserdem frage ich mich, ob die Koreaner angesichts des Modellnamens Assoziationen mit einem gewissen Diktator tatsächlich wünschen…
Das koreanische Zugpferd, das bis zu drei Tonnen an den Haken nehmen kann, ist ausschliesslich als Doppelkabiner erhältlich. Das schränkt die Ladekapazität für jene Zielgruppe, die den Pick-Up als Arbeitstier nutzen möchte, etwas ein. Doch so wie der Testwagen vorfährt, nämlich mit Topausstattung, möchte man eigentlich keine Bauarbeiter oder Gärtner nach einem langen Arbeitstag einsteigen lassen.

Das Ambiente ist wie in einem richtigen Auto. Bequeme Ledersitze mit Heizung und Lüftung (!), intuitives Infotainmentsystem sowie Zierelemente lassen einen glatt vergessen, dass hinten noch eine Ladefläche dranhängt. Die Materialien sind wertig und die Verarbeitung sehr gut, denn während der Fahrt knarzt nichts.

Als Antrieb steht lediglich ein Dieselmotor zur Wahl. Das 2,2-Liter Aggregat leistet 133 kW und kann die Kraft bei Bedarf an alle vier Räder leitet. Auf trockener Strasse empfiehlt sich das Fahren mit Hinterradantrieb, damit keine Reibung und Spannung im Antriebsstrang aufkommt. In Verbindung mit dem 6-Gang Automatikgetriebe ist ausserdem noch eine Geländeuntersetzung mit an Bord, die auch gröberes Terrain meistern soll.

Der betagte Antrieb stammt von Mercedes und ist entsprechend solide. Wirklich leise ist der Selbstzünder aber selbst im warmen Zustand nie, doch der Fahrkomfort stimmt dank des weich schaltenden Getriebes. Sehr umständlich ist dafür die altbackene Hebelführung, wo mit dem Schalthebel die Ecken der Schaltkulisse mitgefahren werden müssen. Einfach direkt von P auf D runterziehen geht nicht. Ausserdem ist zwar ein manueller Modus vorhanden, geschaltet wird aber über einen winzigen Knopf auf dem Schalthebel. Etwas mehr Benutzerfreundlichkeit wäre diesbezüglich nicht schlecht.

In Fahrt merkt man, dass der Musso für den harten Einsatz konzipiert wurde. Wer alleine durch die Gegend rollt, spürt, dass die Federung recht hart ist, vor allem an der Hinterachse. Dies dürften aber alle Pick-Ups gemeinsam haben und wie mir gesagt wurde, rollt der Musso bei entsprechender Beladung ganz anders ab. Nachholbedarf besteht aber bei der Lenkung. Der Fahrer kurbelt wie ein Buschauffeur am Lenkrad, wenn man um einen Kreisel fahren möchte. Ausserdem ist die Lenkung sehr indirekt und gibt kein Feedback. Eine etwas weniger starke Abkapslung zum Fahrverhalten wäre da wünschenswert.

Wenig zu meckern gibt es dafür bei der Technik. Die Topversion fährt mit Spurhalteassistent, 360°-Kamera sowie Tot-Winkel-Warner vor. Für einen Pick-Up ist das nicht selbstverständlich. Schade finde ich aber, dass beim Licht gespart wurde. Heute kommt es eigentlich nicht mehr vor, das Xenon-Abblendlicht mit schwachem Halogen-Fernlicht kombiniert wird.

Wer des öfteren unbefestigtes Terrain unter die Räder nimmt oder schwere Lasten transportieren muss, ist mit dem Musso richtig bedient. Laut Hersteller leitet sich sein Name vom koreanischen Wort für Nashorn ab, ein Tier, das für seine Stärke bekannt ist. In Europa liegt allerdings der Bezug zum ehemaligen italienischen Diktator Mussolini näher…

Nichtsdestotrotz bekommt man ein fähiges Arbeitstier fürs Geld. Die Topversion schlägt mit 45’440 Franken zu Buche, wer aber auf gewisse Luxus-Features (fürs Pick-Up-Segment) verzichten kann, fährt deutlich günstiger. Mit einer Investition in ein Rollo oder gar einen Aufbau für die Ladefläche wird der Musso auch alltagstauglich, sodass alltägliche Besorgungen nicht immer auf die Rückbank verfrachtet werden müssen.

Alltag 
Ohne Abdeckung für die Ladefläche ist der Pick-Up im Alltag umständlich. Sein Leiterrahmen sorgt zwar für eine hohe Karosseriesteifigkeit und eine hohe Nutzlast, dafür leider der Fahrkomfort darunter.
Fahrdynamik 
Je nach Ausstattung oder Anforderungen ist der Musso zwar ungemein praktisch und vielseitig, aber eines ist er überhaupt nicht: sportlich. Enorme Seitenneigung sowie eine sehr indirekte Lenkung sorgen automatisch dafür, dass man Kurven langsam angeht.
Umwelt 
9,3 l/100 km sind als Testverbrauch nicht wenig, zumal der Musso im Test stets leer und nur mit Fahrer bewegt wurde. Hier zeigt sich, dass die Mercedes-Technik von früher eben mittlerweile überholt ist.
Ausstrahlung 
Besonders viel gestalterischer Spielraum besteht bei einem Pick-Up nicht. Mit den schicken 20-Zöllern und der ausdrucksstarken Front werden ihm aber ein Markengesicht und ein Charakter verliehen.
Fazit 
+ Gutes Preis-/Leistungsverhältnis
+ Sehr bequeme Sitze mit erstaunlich gutem Seitenhalt
+ Üppige Ausstattung
+ Materialanmutung und Verarbeitung auf hohem Niveau
+ Zuschaltbarer Allradantreb mit Geländeuntersetzung für hartes Terrain
+ Hohe Karosseriesteifigkeit
+ Hohe Nutzlast
+ Hohe Anhängelast
+ Diverse Assistenzsysteme verfügbar
+ Diverse Zubehörangebote
– Erhöhter Verbrauch
– Sehr indirekte Lenkung, schwammiges Handling
– Ohne Beladung recht harte Federung
– Halogen-Fernlicht mit Xenon-Abblendlicht
– Rauer Dieselmotor
Mängel am Testwagen
– Keine Mängel
Steckbrief
Marke / Modell | SsangYong Musso |
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Preis Basismodell / Testwagen | 29 900 CHF / 45 440 CHF |
Antrieb | Diesel, Allradantrieb |
Hubraum / Zylinder | 2157 ccm / R4 |
Motoranordnung / Motorkonzept | Frontmotor / Turbomotor |
Getriebe | 6-Gang Automatikgetriebe |
Max. Leistung | 133 kW bei 4000 r/min |
Max. Drehmoment | 400 Nm bei 1400 - 2800 r/min |
Vmax | 185 km/h |
Beschleunigung 0–100 km/h | 11,0 s |
NEFZ-Verbrauch / CO2 Emissionen | 8,6 l/100 km / 226 g/km |
Test-Verbrauch / CO2 Emissionen / Differenz | 9,3 l/100 km / 244 g/km / +8% |
Länge / Breite / Höhe | 5,10 m / 1,95 m / 1,84 m |
Leergewicht | 2267 kg |
Nutzlast | 613 kg |
Max. Anhängelast (gebremst) | 3000 kg |
Bilder: Koray Adigüzel
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