Maserati Levante S: Ich bin auch ein Dirigent

Nichts gegen den Levante Diesel, der für sich genommen ein hervorragendes Auto ist und mich im Test überzeugt hat. Doch es ist nun mal so, dass man Maserati mit Motorsound verbindet und darum habe ich mir noch den Levante S als Benziner zum Test geholt. Mit dem potenteren Triebwerk steigen allerdings nochmals die Erwartungen. Ist die italienische Wuchtbrumme mit dem Benziner eine Sportskanone? Und wie ist der Sound? Eines kann ich jetzt schon verraten: Dieses Gefährt hat hohes Suchtpotenzial! Dennoch bleibt eine Frage offen…

Zu Design und allgemeinen Infos zum Auto möchte ich an dieser Stelle nicht mehr allzu viele Worte verlieren, darüber habe ich bereits beim Diesel berichtet. Aber die Farbe muss trotzdem erwähnt werden. Dieses Blau! Wow. Blu Emozione nennt sich der wunderschön schimmernde Lack und es wird einem ab der Farbe wirklich warm ums Herz.

2016 Maserati Levante S
Man beachte den Schimmer im Lack.

Ebenfalls erwähnen möchte ich abermals die Individualisierungsoptionen. Viele Lackierungen, diverse Farben für die Bremssättel, verschiedene Felgen, zwei Sitzformen, Leder oder Seide (einzigartig bei Maserati), mehrere Applikationen sowie schwarze oder chromfarbene Akzente aussen. Man hat als Kunde bei Maserati bei der Gestaltung viel Handlungsspielraum. Style haben die Italiener definitiv, doch auch die Qualität stimmt und kann sich mit der Deutschen Premiumkonkurrenz durchaus messen.

2016 Maserati Levante S
Da das Auto nicht sonderlich grün ist, müssen eben Pflanzen für ein grünes Ambiente sorgen.

Was ebenfalls stimmt: Der Motorsound. Dem doppelt aufgeladenen V6 hört man an, dass er in Maranello bei Ferrari gebaut wird. Bereits beim Start dringt ein angenehm heiserer Klang ans Ohr, sodass man sofort weiss, wofür man die knapp 20’000 Franken Aufpreis für Benziner auf den Tisch gelegt hat. Im normalen Fahrbetrieb bleibt der Motor einigermassen zurückhaltend, dennoch ist beim Beschleunigen stets der kernige, satte Klang zu hören. Besonders eindrucksvoll wird es, wenn man stark beschleunigt und die Drehzahlen 4000 Umdrehungen überschreiten. Dann werden die Auspuffklappen geöffnet und der Sound schwellt hörbar an, zudem werden die Schaltvorgänge von einem gurgelnden Geräusch untermalt. Herrlich, nochmal!

2016 Maserati Levante S
Wie gross der Levante wirklich ist – nämlich ein Stück grösser als ein Porsche Cayenne – wird erst im Profil deutlich.

Doch man braucht keine 4000 Umdrehungen. Einfach den Sport Modus anwählen und die Klappen sind permanent geöffnet. Dann noch den manuellen Schaltmodus anklicken und die Schaltpaddels werden zu dem, was für den Dirigent der Taktstock ist. Man kann sanft Beschleunigen, die tiefen Frequenzen geniessen und bei etwa 3000 Umdrehungen schalten. Der nächste Gang wird mit einem schlürfenden Geräusch eingelegt.

2016 Maserati Levante S
Die bequemen Integralsitze werten das Auto vor allem optisch auf. Für Sportsitze dürfte ihr Seitenhalt etwas zupackender sein.

Wer es etwas höher treibt und bei rund 4500 Umdrehungen schaltet, erntet den besten Klang, nämlich ein lautes, wütendes Fauchen. Kommt vor allem in der Nähe von Felswänden oder in Tunnels voll zur Geltung! Nicht ganz so derb ist das Fauchen, wenn das Triebwerk bis 6500 Umdrehungen ausgedreht wird. Dafür erlebt man das komplette Crescendo, wie sich der Sound aufbaut und stets an Intensität gewinnt. Wer einen Maserati fährt, braucht keine Oper mehr zu besuchen. Man hat seine ganz persönliche Oper stets mit dabei!

2016 Maserati Levante S
Auch im Fond reist man bequem und mit genügend Platz mit. Wie ein Fünf-Meter Schiff wirkt der Levante aufgrund der langen Schnauze von innen allerdings nicht.

Nicht minder beeindruckend ist das Handling. Für fast 2,2 Tonnen fährt sich der Levante agil und folgt willig den Lenkbefehlen. Man spürt ausserdem in den Kurven, dass die Kraft mehrheitlich von hinten kommt, was dem SUV ein sportliches Fahrverhalten beschert. Doch über zwei Tonnen wollen dennoch in Schwung gebracht werden und auch mit dem V6 Benziner hat sich bei mir kein Gefühl von Übermotorisierung eingestellt. Deshalb frage ich mich, warum es noch immer keinen Levante GTS mit dem V8 des Quattroporte GTS gibt. Das wäre eine Maschine! Schliesslich zeigen genügend Konkurrenten, dass SUVs und V8 Benziner eine sehr gut machbare Kombination sind, trotz exorbitanten Verbrauchswerten.

2016 Maserati Levante S
Von da kommt die Musik. Viel schöneren V6-Sound kann man nicht komponieren.

Obwohl der Levante S mit dem Benziner die viel emotionalere Variante ist, die obendrein auch noch eine Portion mehr Fahrspass verspricht, so gibt es einen Punkt, der für den Diesel spricht. Da der Benziner stets Sound generiert, ist auf der Autobahn ein konstanter Motorton zu hören. Er ist nicht störend, doch der Diesel ist auf der Autobahn erstaunlicherweise der laufruhigere Motor. Ausserdem schaltet die Automatik im Benziner gerne mal einen Gang runter, obwohl es gar nicht nötig wäre. Dies gemäss Maserati, weil das Getriebe beim Benziner sportlicher abgestimmt ist. Um dieses Verhalten dennoch zu unterbinden, empfiehlt es sich, auf der Autobahn den I.C.E (Increased Comfort & Efficiency) Modus anzuwählen.

2016 Maserati Levante S
Die Qualitätsanmutung stimmt, das Design sowieso.

Doch so lässig der Levante S auch zu fahren ist, ein weniger schönes Ereignis ist leider ebenfalls vorgefallen: Bremsfading und zwar nicht zu knapp. Während den Sommermonaten muss es sich bei mir jedes Auto gefallen lassen, über den Klausenpass gefahren zu werden und zwar sehr sportlich, aber alles noch im Limit, also mit ESP. Allerdings hat die Bremsanlage vom Levante die Abfahrt nicht mitgemacht und sich überhitzt. Falsches, also progressives Bremsen meinerseits ist ausgeschlossen und dass Brembo-Bremsen eine Passabfahrt nicht mitmachen, klingt mehr als nur seltsam. Allerdings weiss niemand so genau, was in den 15’000 Kilometer vor meinem Test mit dem Auto angestellt worden ist.

2016 Maserati Levante S
Einziger Schwachpunkt im Test: Die Bremse. Könnte aber auch daran liegen, dass die Tester vor mir das Auto schon arg hart rangenommen haben.

Maserati Schweiz äussert sich dazu wie folgt: «Unsere Fahrzeuge werden ausgiebig und unter härtesten Bedingungen auf Rennstrecken und Passstrassen getestet. Die rauchenden Bremsen am Levante können wir uns nur durch eine Aneinanderreihung verschiedener Umstände erklären. Die sehr sportliche Fahrweise, die hohe Aussentemperatur und das Bergabfahren werden zu einer kurzzeitigen Überbeanspruchung der Bremsklötze geführt haben. Mittlerweile wurden die Bremsen vollumfänglich untersucht und als uneingeschränkt funktionsfähig eingestuft. Uns sind auch keine weiteren Vorfälle bekannt.»

2016 Maserati Levante S
Die schlanken Scheinwerfer und der kaum verkleidete Grill lassen das SUV extrem angriffslustig wirken.

Ich kann mir ohnehin nicht vorstellen, dass ein Endkunde mit dem SUV so zackig unterwegs sein wird, wie ich es zu Testzwecken gewesen bin. Schlussendlich stellt sich schliesslich die Frage: Diesel oder Benzin? Vom Handling her überzeugen beide Motorisierungen. Wer sich vor allem vom Design hingezogen fühlt und keinen Wert auf tollen Sound legt (wobei auch der Diesel gut klingt für einen Ölverbrenner), der wird mit dem Diesel glücklich. Für das besondere Etwas sorgt der Benziner. Einerseits mit dem zusätzlichen Schub, andererseits natürlich mit dem Sound. Dies lässt sich Maserati allerdings teuer bezahlen, fast 20’000 Franken mehr werden für den Benziner fällig. Mit rund 132’000 Franken Testwagenpreis ist Levante S fahren natürlich kein günstiges Vergnügen, doch Luxus hat schon seit jeher seinen Preis. Es gibt durchaus unangemessenere Preise als bei Maserati.

2016 Maserati Levante S
Dafür, dass der Levante so ein Brocken ist, wirkt sein Heck leichtfüssig.

Alltag 4.5 out of 5 stars

Allzu enge Parkhäuser sollte man mit dem Levante meiden, da eine Hinterachslenkung fehlt. Ansonsten ist es der praktischste Maserati, den man kaufen kann. Viel (wenn auch nicht überragend) Platz und ein Fahrverhalten, dass für jede Situation gerüstet ist.

Fahrdynamik 4.5 out of 5 stars

Keine Hinterachselenkung, keine Wankstabilisierung. Trotzdem lässt sich der Levante willig und präzise um Kurven scheuchen, er bleibt zudem lange stabil. Wird es kritisch, lässt er sich dank Untersteuern einfach wieder fangen. Trotz hecklastigem Allradantrieb bricht das Heck nicht aus. Der Antrieb spricht sensibel an, das Getriebe schaltet zackig.

Umwelt 2.5 out of 5 stars

Eine zweitrangige Disziplin bei einem potenten Benziner-SUV. Mit 12,5 l/100 km im Test zeigt sich der Levante aber einigermassen gnädig, denn: Er wurde sportlich gefahren und mehrmals wurde eine Soundfanfare provoziert. Bei gelassener Fahrt kann man den Normverbrauch unterbieten. Bei rasanter Fahrt steigt der Verbrauch aber erbarmungslos an.

Ausstrahlung 5 out of 5 stars

Viele Leute sind während dem Fotoshooting stehen geblieben und haben das Auto in Ruhe betrachtet. Dabei habe ich Begriffe wie “italienisches Design”, “schön”, “mal was anderes” und “ooooh, ein Maserati” gehört. Da bedarf es meinerseits keine Worte mehr. Ein Maserati ist einfach ein Hingucker.

Fazit 4.5 out of 5 stars

+ Schönes Design
+ Drehfreudiger Motor
+ Emotionaler Motorsound
+ Reaktionsschnelles und sanftes Getriebe
+ Präzises Handling
+ Adaptives Luftfahrwerk
+ Edles Interieur
+ Sehr bequeme Sitze
+ Perfekte Ergonomie
+ Grosszügige Platzverhältnisse
+ Simpel zu bedienendes Infotainmentsystem, trotz teils willkürlicher Anordnung der Symbole

– Fummelige Lenkradtasten
– Hohes Gewicht
– Abstandstempomat wird bei stockendem Verkehr ruppig

Mängel am Testwagen

– Keine Mängel

Steckbrief

Marke / ModellMaserati Levante S
Preis Basismodell / Testwagen96 450 CHF / 132 741 CHF
AntriebBenzin, Allradantrieb
Hubraum / Zylinder2979 ccm / V6
Motoranordnung / MotorkonzeptFrontmotor / Biturbomotor
Getriebe8-Gang Automatikgetriebe
Max. Leistung316 kW bei 5750 r/min
Max. Drehmoment580 Nm bei 4500 - 5000 r/min
Beschleunigung 0 - 100 km/h5,2 s
Vmax264 km/h
NEFZ-Verbrauch / CO2 Emissionen / Energieeffizienz10,9 l/100 km / 253 g/km / G
Test-Verbrauch / CO2 Emissionen / Differenz12,5 l/100 km / 290 g/km / +15%
Länge / Breite / Höhe5,00 m / 1,97 m / 1,68 m
Leergewicht2184 kg
Kofferraumvolumen580 l

Bilder: Koray Adigüzel

1 thought on “Maserati Levante S: Ich bin auch ein Dirigent”

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